1968/69 verbrachte ich ein Stipendienjahr in Oregon und habe zwischen 1987 und 2010 weitere 28 Reisen in 46 der 50 Bundesstaaten gemacht, die Landschaften und die Fauna zwischen Brooks Falls in Alaska und Key West und zwischen Bangor und San Diego sind fantastisch, das individuelle Reisen im Mietauto dazwischen war und ist einfach und günstig, ebenso der Sprit wie die stets sauberen Motels und die Bevölkerung ist offen und freundlich.
Natürlich gibt es immer wieder Dinge, die einem Europäer schwer auf den Keks gehen, das fängt schon bei den Visavorschriften an und endet nicht - vor allem seit nineeleven - bei den umständlichen und langwierigen Einreiseprozeduren auf Flughäfen wie JFK, MIA oder LAX. Ich habe auch nie verstanden, warum man bei internationalen Transitverbindungen, wo man den Flughafen nicht verließ, trotzdem "einreisen" musste.
Teilweise skurril waren dann Erfahrungen mit der puritanisch bigotten Moral der Amis, was sich z.B. in der Badebekleidung äußerte: skimpy bikinis für Frauen oder - Gott behüte - "seminudity" in Form von "oben ohne" waren quasi undenkbar und für uns Männer gab es dank des Einflusses der mächtigen Frauenvereine ausschließlich Bermudas bis unters Knie, womit zielbewusst das mehr oder mindere Gemächt unsichtbar gemacht wurde.
Als foreign exchange student gab es Verpflichtungen zu Vorträgen in der homeroom Pausenperiode, wo man danach gefragt wurde, wie denn das Leben hinter dem "Eisernen Vorhang" sei, warum wir Neutralen nicht bei der NATO seien, bei den greisen armchair travelers hakte jemand nach, ob wir Ösis Vampire seien, denn er hatte irgendwo gehört, dass wir Blutwurst essen...
Das hat alles damit zu tun, dass im Bildungssystem drüben zwar alle eine Ausbildung in der so genannten high school bis 18 erhalten, das Niveau aber maximal auf dem unserer Hauptschulen liegt, wer also an eine der teuren Unis will ist gut beraten, jede Menge zusätzlicher advanced courses zu belegen. Allerdings konnte man aus den meisten Unterrichtsstunden ausschecken, sobald man sein geringes Plansoll erfüllt hatte, was ich speziell in Französisch schätzte, den Rest der Stunde verbrachte ich dann in der Biblio bei Lesen von Time oder Newsweek.
Ebenfalls ungewöhnlich war die arts class, für die man an mehreren Tagen 40 Meilen an die wilde Pazifikküste fuhr und dort auf Motivsuche ging, der Lehrer war ein cooler Typ und hatte nichts dagegen, mich in seinem racinggrünen XKE - bei uns Jaguar E Type - ans Steuer zu lassen.
In der Theateraufführung von The Taming of the Shrew wirkte ich mit, tanzte mit der prom queen beim Schulball einen Linkswalzer, fuhr mit den snomads -sic! - Ski auf dem Mount Ashland, trainierte und spielte mit einer Schulauswahl Fußball, pfiff für sagenhafte US$ 5 Matches an Colleges in Portland und Salem. Auf der Rückfahrt an die Ostküste durften wir 800 Studenten aus aller Welt am Tag nach der ersten Mondlandung auf den Rasen des Weißen Hauses, wo Nixon zu uns sprach,
ich sollte ihm sechs Jahre später nach seinem impeachment allein und ohne Guards im Wiener Stadtpark wieder begegnen....
Zu guter Letzt wartete ein volles Fußballstipendium der Yale Uni in New Haven, das ich als Nichtvolljähriger wegen meiner banausig ängstlichen Eltern nicht in Anspruch nehmen konnte. Tja, daher muss die US-Auswahl jetzt mit Betreuern wie Klinsmann und Herzog ihr Auslangen finden


