Wo bin ich?

Die Costa Blanca näher kennen lernen. Hier kann jeder sein Wissen unter Beweis stellen und selbst Rätsel einstellen
Scandy
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Scandy »

nixwielos hat geschrieben: Fr 22. Dez 2017, 22:24 Die sich im Fenster spiegelden Pienien und ihre Zapfen als Dachpfannen - und natürlich der verklärte Blick in Erwartung des kräftigen Roten :mrgreen:
=)) =)) =))

Scandy
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Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Atze »

Das mit den Pinien ist fein beobachtet: Pinienzapfen (Zirbelnuss) als Symbol der Auferstehung finden sich sehr oft in der Architektur dieser Zeit. >:d<
Auch mein Gesichtsausdruck ist treffend gedeutet......

Nein, da ist auf meinem letzten Bild noch eine andere Zier, die hunderte von Jahren einen riesigen Ruf für Europa hatte und mit der Anlage, zu der die Küche gehört gewissermaßen eine Erdverbindung eingegangen ist. (Eigentlich die Hauptattraktion des ganzen Komplexes und weshalb es mich als Mittelalterfreak auch dahin zog).
Die dazu gehörigen Bilder (und einige Erlebnisse) liefere ich erst, wenn die Namen gefallen sind.
Es wird wärmer.....
LG Atze
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nixwielos
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von nixwielos »

Dann, mein Lieber, möchtest Du etwas über Ginster und über die Plantagenet erzählen, dieses nicht ganz unbekannte Königsgeschlecht, das seinen Namen der planta genista verdankt und durchaus viiiel mit dem gesuchten Ort zu tun hat 8-)
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
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Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Atze »

Bravo >:d< >:d< >:d<
Dann schweifen unsere Gedanken zurück, etwas vor die Zeit, in der "Die Säulen der Erde" spielt:
Wilhelm der Eroberer (Herzog der Normandie) hatte gerade 1066 England erobert, ihm folgte sein Sohn Heinrich I.
In dieser Zeit gab es Grafen im Anjou (Unterlauf der Loire) die zunächst alle Fulco hießen. Unter dem letzten Fulco wurde um 1100 ein großes Kloster an der Quelle eines Herrn Ebald gegründet (Fontevrauld). Die Priorin (später Äbtissinen) waren sämtlich Frauen. Erst später wurden überhaupt Mönche in einem Nebenkloster zugelassen (Deshalb mein Einwand, dass "Mönche" nicht ganz richtig seien).
Der Sohn des letzten Fulco V. (der nebenbei auch König von Jerusalem war und auch dort begraben wurde) hieß Gottfried V. (Beinahme "der Schöne"). Dieser hatte die Angewohnheit sich einen blühenden Ginsterzweig zur Zier an den Helm zu stecken: Planta Genet -> Plantagenet, unter diesem Nahmen beherrschten sie einige Jahrhunderte England und einen großen teil von Frankreich.
Sie bestimmten das Kloster zur Grablege, Gottfried liegt aber bei Le Mans begraben.
Seine Frau war die Kaiserinwitwe Mathilde, Tochter Heinrichs I. von England. Zwischen ihr und den anglo-normannischen Baronen kam es zu Streitigkeiten um die englische Thronfolge, die wollten nur ihren Cousin Stephan von Blois akzeptieren (Säulen der Erde).
Schließlich einigte man sich, dass Mathildes und Gottfrieds Sohn nach dem Tode Stephans den ganzen Laden (England, Normandie, Anjou, Tour und Maine) als Heinrich II. übernehmen sollte. Dabei war England selbständig, in Frankreich war Heinrich offiziell Vasall des schwachen französischen Königs.

Ich muss erst mal Pause machen aus Angst vor einem Absturz (Windows will mir unbedingt etwas aufspielen).
LG Atze
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Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Atze »

So, weiter geht es...
Der König von Frankreich hatte (obwohl Lehnsherr) nur über einen kleinen Teil von Frankreich faktische Gewalt. Ein riesiger Teil lag im Südwesten: Aquitanien. Seine Herzogin Eleonore war natürlich eine gute Partie. Die schnappte sich der König Ludwig und erstmals seit den Karolingern war Frankreich annähernd geeint. Leider war Ludwig ein Ehebettmuffel, nur durch Beten war kein Sohn zu zeugen. So - und aus anderen Gründen (angeblich zu eng verwandt)- wurde die Ehe getrennt.
Zeit für den jüngeren Heinrich II. Plantagenet, sich diesen Bissen zu sichern. Durch diese Hochzeit entstand das Angevinische Reich, das von Spanien bis Schottland reichte. Aber auch Grundstein für den späteren 100-jährigen Krieg zwischen Frankreich und England.
Eleonore war sehr gebildet und belesen (deshalb hält sie auch auf ihrem Grabmal ein Buch in der Hand).
Gebildete Frauen sind etwas störrisch und deshalb intrigierte sie mit ihren Söhnen (u.a. Richard genannt Löwenherz und Johann genannt Ohneland) gegen ihren Gemahl, der sie deshalb in Chinon festsetzte. Erst später gab es eine Art Versöhnung (Der Löwe im Winter mit K. Hepburn, P. O´Toole, A. Hopkins)
Heinrich II. hatte indes schwere Schuld auf sich geladen: Angeblich nicht so gemeint, gab er doch so eine Art Auftrag, seinen früheren Freund, der aber jetzt als Erzbischof von Canterbury zunehmend gegen den König und für die Kirche arbeite, zu beseitigen: Mord im Dom.
Heinrich stiftete einiges als Sühne, u.a. eine kleine Klause in der Nähe des Klosters.
Innerhalb von 15 Jahren starben:
1189 Heinrich II.
1199 Richard Löwenherz (der in Chalus bei einer gänzlich überflüssigen Fehde einen Armbrustpfeil in den Hals bekam)
1204 Eleonore

Und wurden in der Abtei von Fontevrauld begraben:
Heinrich II. neben Eleonore:
Bild

Richard Löwenherz, daneben später die zeitweilige Frau von Johann Ohneland:
Bild

Aus Respekt vor dem Ort ohne Blitz gemacht, danach die Bilder etwas bearbeitet.

Demnächst berichte ich, wie wir diesen eindrucksvollen Ort erlebten.
LG Atze
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Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Atze »

Es war in der Osterzeit des Jahres 1997, ein riesiger Komet stand hoch am Himmel und merkwürdige Dinge passierten:
Nach diversen Schlössern wollten wir auch besagtes Kloster besuchen.
Irgendwie hatte ich die Besuchszeiten nicht herausbekommen, aber egal...fahren wir mal. Nach Parkplatzsuche fanden wir auch ein offenes Tor zum Gelände, aber ohne jedes Personal.
Anhand unseres Führers konnten wir uns annähernd zurecht finden, und besichtigten alles. Dabei waren wir die ganze Zeit absolut allein, fast unheimlich. Irgendwann begann es in meinen Eingeweiden zu rumoren, und wir machten uns auf die Suche. Fragen konnten wir ja niemand.
Ein spärliches Hinweisschild leitete uns vom Kreuzgang vor eine uralte mächtige Holztür, hinter der ich allenfalls einen Donnerbalken vermutet hätte.
Aber o Wunder: Nachdem die Tür knarrend die Weg freigab, befand sich dahinter eine absolut moderne Toilettenanlage.
Endlich ist Entspannung angesagt....
Und wie ich da so sitze und die Welt wieder erträglich finde, dringen an mein Ohr himmlische Klänge: In einem angrenzenden Saal, offenbar nur durch eine Mauer getrennt, übte ein stimmgewaltiger Chor gregorianische Gesänge.
Lt. Atzine kam ich mit verklärtem Blick aus der Örtlichkeit und stammelte: "So schön habe ich noch nie gesch.....".

Danach kam es aber dicke:
Das Tor war zu, verschlossen. Nun ja, wenn man immer ein kräftiges Taschenmesser in der Hose hat, und der Torfalz ein gewisses Spiel aufweist, kann man die Falle wegdrücken.
Am Auto die nächste Überraschung: Eine riesige Wasserpfütze unter dem Wagen: Der Plastikstutzen am Kühler war gebrochen. Zuerst notdürftig dann immer perfekter repariert und mit viel Wasser aus der Loire (das heilte wohl endgültig) gelang uns die Rückfahrt nach Rivarennes.
LG Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von pichichi »

Doc, was für eine Empfehlung!

Ich lasse demnächst im obstipanten Fall für Moni unseren Heiligenkreuzer Chor "Chant - Amor et Passio" trällern, wer weiß, vielleicht erspart sie sich Molaxole & Dulcolax... B-)
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nixwielos
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von nixwielos »

Wunderbar kurzweilig, wie wir so einige 100 Jahre Geschichte erleben dürfen, lieber Atze, und Deine persönliche Verstrickung mit dem Ort hat schon auch was... :d In Dir steckt halt ein Löwenherz 8-)
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
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Josefine
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Josefine »

Wunderbar, interessant und humorvoll erzählt, Atze. :lol:
Hast Du noch mehr von solchen Geschichten? Ich könnte mich dran gewöhnen. ;-)
Gruß Josefine :)
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Atze
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Re: Wo bin ich?

Beitrag von Atze »

Danke, aber Löwenherz ist etwas zu viel.

Richard galt zwar als tapfer, gleichzeitig als grausam.
Selten besteht eine so große Diskrepanz von der Legendenbildung zur Wirklichkeit.
Warum ihn die Engländer so lieben ist eher rätselhaft; er selbst liebte England kaum. Englisch sprach er nicht.
Naja Südwestfrankreich, wo er erzogen wurde ist ja auch nicht ohne.
Das einzig Positive, was er wohl für England geleistet hat, ist, dass er - unabhängig natürlich von Adelsprivilegien - den Unterschied zwischen den normannischen Eroberern und den angelsächsischen Untertanen formell aufhob, es sollten jetzt nur noch Engländer sein. Deswegen vielleicht auch die Legende von Robin Hood.
Finanziell war England durch seinen Freikauf aus deutscher Gefangenschaft eher ruiniert.
Den Rest des Kronschatz verlor sein Bruder Johann Ohneland angeblich bei der Flucht vor aufsässigen Baronen durch die Bucht "The Wash".
eine Woche später war er tot.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verlust_d ... n_Ohneland

Das einzig Gute an der Sache war wohl, dass schon vorher die gestärkten Barone dem ohnmächtigen John die Magna Carta abpressen konnten, wohl einer der wichtigen Pflöcke zur Erlangung demokratischer Freiheiten.
LG Atze
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