Angkor - Highlight für Kambodscha-Reisende
Verfasst: So 15. Mai 2016, 18:49
Sanft angeregt (durch pichichi, Josefine), will ich hier einen Bericht über Angkor einstellen.
Vorteilhaft ist, dass wir ein Reisetagebuch in digitaler Form haben, und so kann ich einfach den entsprechenden Abschnitt verwenden . Er hat fast Erzähl-Charakter und erfordert damit etwas Lesezeit. So muss ich "nur noch" die Fotos dazwischen schieben. Wer bloß die Bilder anschauen will - nur zu. Die Bildqualität aus der Optik unserer ersten Digitalkamera reißt allerdings nicht vom Hocker, zumal die Lichtverhältnisse in der Regenzeit (wir waren im August dort) die Knipserei oft erschwerten. Bei den Angkor-Bauten kommt hinzu, dass sie zu dieser Zeit schmutzig-grau-braun und damit kontrastarm erscheinen. Dies tat jedoch dem Reiz der Besichtigungen keinen Abbruch !
Wir kamen im August '2004 über Bangkok per Bus zur Grenzstadt Phsar Prum und wunderten uns dort über die riesigen Spielkasinos auf kambodschanischer Seite. In Thailand war und ist Glücksspiel (Ausnahmen, z.B. staatl. Lotto) offiziell verboten, und so zieht es wohlhabende Thai in Spielhöllen wie eben die in Phsar Prum.
Unsere Route führte nach Battambang, weil wir uns die Anfahrt von dort nach Siem Reap (Angkor) über eine total interessante Flussfahrt und über den Tonle-See nicht entgehen lassen wollten. Die Fahrt nach Battambang ist eine eigene Story. Es kamen starke Eindrücke zusammen, besonders während der 6-stündigen Passage in einem kleinen Boot. Schließlich kamen wir in Siem Reap an und suchten uns ein einfaches Hotel. Hier beginnt der Text des Tagebuchs:
Am Nachmittag (des 2. Tages in Siem Reap) gehen wir weiter auf Entdeckungsreise. Gegen 17 Uhr nehmen wir ein Tuk-Tuk und lassen uns in Richtung Angkor Wat karren. Etwa zwei Kilometer vor diesem wohl bekanntesten Tempel befindet sich die (einzige) Ticketausgabe zur Besichtigung der Region und Monumente Angkors.
Hier stehen wir zunächst in einer von drei Warteschlangen an, sind aber in 10 Minuten abgefertigt. Für unsere 3-Tages-Pässe haben wir je 40 U$ blechen müssen, können jedoch bereits heute Abend gratis in die Anlage.
( Hier eine Übersicht der einst vielleicht größten Stadt unseres Planeten, in der die Tempelanlage Angkor Wat nur ein kleiner Teil des Ganzen ist.) Laut Wikipedia war sie vom 9. bis zum 15. Jahrhundert das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches Kambuja .
(Anm.: Wer an der facettenreichen Geschichte der Khmer-Reiche interessiert ist, löchert am besten das Internet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Angkor
Einen genaueren Plan der Anlage gibt es bei "Wiki" auch :
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... l_Park.svg
Dass unsere Dollars gut investiert sind, ahnen wir schon, als wir kurz darauf um den Wassergraben des gewaltigen Komplexes Ankor Wat herum und daran vorbeifahren, um etwa einen Kilometer weiter auf einen vielleicht 50 m hohen Aussichtshügel zu klettern. Es geht steil über den steinigen Hang nach oben. Manche Touristen lassen sich von bereitstehenden Elefanten für den stolzen Preis von 15 $ nach oben bringen. Es regnet, und wir nutzen unsere Schirme. Auf der kleinen Khmer-Ruine am Scheitelpunkt des Hügels stehen bereits Dutzende von Touristen aus aller Welt, um den Sonnenuntergang zu sehen, während hinter uns, umgeben von Regenwald und dichtem Grün in parkähnlichen Anlagen die monumentale Kulisse des Ankor Wat zu erkennen ist.
Während die Sonne langsam sinkt, hört es irgendwann auf zu regnen, und es bildet sich über dem monumentalen Angkor Wat ein mächtiger Regenbogen. Die Stimmung ist grandios und zugleich unwirklich. Im Westen vor uns ist ein See zu erkennen, über dem die Sonne schließlich in Wolkenfetzen nach unten wandert. Der Himmel färbt sich und die Leute hier oben klatschen euphorisch.
Bald darauf steigen wir ab, begeistert über unser Glück, inmitten der herrlichen Szenerie sein zu können, und wir lassen uns zurück in die Stadt fahren.
Hier genehmigen wir uns als erstes ein „Happy-Hour“-Draftbeer (halber Preis und frisch vom Fass gezapft).
Mittwoch, 11. August
Unser Guesthouse bietet außer einem freien und langsamen Internet-Zugang auch zwei Fahrräder zum Nulltarif. Wir nehmen Maß, verstellen die Sättel und rollen über die Distanz von etwa 7 km bis zum Tempelkomplex Angkor Wat.
Hier stellen wir die Räder ab und wandern langsam über den Damm zum Eingangstor des äußeren Walls. Dieser liegt innerhalb eines Wassergrabens mit den Seitenlängen von etwa 1000 x 800 m.
Lotus blüht im Teich daneben. Die Pflanze hat eine zentrale Bedeutung für die Architektur der Tempel.
Vom Eingangsportal aus führt eine weitere Brücke aus Sandstein zum eigentlichen Kern der Tempelanlage mit den markanten 5 Türmen. Angkor Wat ist das größte sakrale Bauwerk unserer Erde und mehr als nur ein Tempel. Er stellt nach der Vorstellung der damaligen Bewohner einen Mikrokosmos dar, das Universum im kleinen.
Die Tempelanlage war eine Stadt in der Stadt. In ihr lebten damals ca. 20.000 Einwohner in Hütten aus Holz. Die Wassergräben symbolisieren dabei das Urmeer, Gräben und Galerien die Gebirgsketten und die Türme den Sitz der Götter.
Das Zentrum des Tempels zeigt den Berg Meru als die Mitte der Welt . Alle Khmer-Tempel weisen diesen höchsten Mittelturm auf, der wie auch die meisten anderen Türme die stilisierte Form einer Lotusblüte hat.
Über Kreuzgalerien und Treppen klettert man in die jeweils höhere Ebene. Die oberste war dem König sowie dem höchsten Priester vorbehalten. Der Mittelturm überragt diese Ebene um 42 Meter !
Die allermeisten Portale und Wände wurden mit Steinmetzarbeiten verziert und weisen Muster oder Skulpturen sowie Reliefs auf. Für Betrachter mit am interessantesten sind jedoch die fast endlosen Wandreliefs in den umlaufenden Gängen auf der untersten Ebene des Komplexes. Sie bedecken eine Wandfläche von ca. 800 m Länge: so etwas gibt es nirgendwo anders.
Bis zu ihnen durfte das einfache Volk, um die Bildergeschichten zu „lesen“. Diese antiken „Stories" geben einen tiefen Einblick in die damlige Geschichte und den Alltag des alten Angkor-Reiches. Die Themen orientieren sich vor allem an vielen Schlachten sowie an den indischen Epen Ramayana und Mahabharata.
Wir verweilen für Stunden in dem kolossalen Bauwerk, bewundern die Reliefs, die Jahrhunderte fast unbeschadet überstanden haben. An den verteilt aufgestellten Statuen fehlen oft die Köpfe. Die Roten Khmer haben Teile ihrer so prachtvollen kulturhistorischen Zeugnisse in wenigen Jahren ausgelöscht. Reliquien waren diesen üblen Gesellen ebenso verhasst wie Bildungsbürgertum. Da genügte bereits das Tragen einer Brille, um als Intellektueller eingekerkert oder umgebracht zu werden.
Fast jeder Einheimische, mit dem wir ins Gespräch kamen, wusste von schmerzlichen Erinnerungen aus seiner Familie zu erzählen. (Anm.: in Pnom Penh und im ganzen Land gibt es erschütternde Zeugnisse dieses leidvollen Teils der Geschichte des Landes)
Immer wieder bestaunen wir die ausgeklügelte Architektur, mit deren Hilfe ein solch gewaltiges Bauwerk errichtet werden konnte. Gleichzeitig wurde viel Augenmerk für die Proportionen und die Fein-Bearbeitung aufgebracht.
Der rote Pfeil im Plan zeigt die Blickrichtung zur Treppe mit Eckturm im Bild rechts darunter:
Hier zeigt der Pfeil im Plan die Blickrichtung zur Außenmauer entsprechend dem Bild darunter :
An einer Stelle weist ein Schild darauf hin, dass auch die Deutschen an der Restaurierung und am Erhalt dieses Weltkulturerbes beteiligt sind:
Gläubige opfern , um sich ein gutes Karma zu verschaffen. Vorteile für eine Wiedergeburt....
Die Dimensionen der Anlage werden deutlich, wenn man den Weg bis zur äußeren Begrenzungsmauer betrachtet:
Nachdem wir uns daran erinnern, dass wir heute noch ein zweites Monument besichtigen wollen, überqueren wir den Damm hinaus zur Straße, wo es einfach Essenstände, aber auch zwei, drei Restaurants sowie ein Café gibt. Letzteres erweist sich als Souvenirshop, aber im Restaurant nebenan bestellen wir eine „Large size“ Tom Yam-Suppe mit Shrimps, die in einem ringförmigen Gefäß gebracht wird – bei uns als Steamboat bekannt. Sie ist köstlich!
Danach ist es mit etwas Arbeit verbunden, die mit Postkarten, Schals und Büchern handelnden Kinder ruhigzustellen. Man ist meist in der Zwickmühle. Wendet man sich ihnen zu, redet man mit ihnen, sind sie fast wie Kletten. Ignoriert man sie, fühlt man sich nicht gut dabei, wird sie allerdings schnell los. Wir ertragen ihre Beharrlichkeit und kaufen ein paar Bild-Postkarten....
Auf einer kerzengeraden Straße fahren wir anschließend – vorbei an Angkor Wat – in den Regenwald hinein, der beiderseits der Straße ausgelichtet wurde und parkähnlich wirkt.
Nach vielleicht 2 km kommen wir an eine Galerie von Statuen mit unterschiedlichen Gesichtern. Es gibt solche mit Fratzen. Sie stellen Dämonen dar. Die anderen wirken freundlich. Sie flankieren den Zugang zu einem Tor, hinter dem die einstige Stadt Angkor Thom mit dem Bayon als Mittelpunkt zu finden ist. Sie wurde um 1200 n. Chr. gebaut.
Hinweis auf den Bayon:
Das Bauwerk liegt nach einigen hundert Metern ebenfalls inmitten eines Beckens, das ein Urmeer darstellen sollte. Angeblich schwammen darin einst Krokodile. Das Ganze ist von einer Art Ringstraße umgeben. So kann man das erstaunliche Gebilde jedenfalls umrunden und gut von allen Seiten anschauen.
Das Besondere am Bayon, der nur in kleinen Teilen restauriert bzw. vor weiterem Zerfall gerettet wurde, sind seine 54 Türme. Jeder weist 4 gewaltige Gesichter auf, die in alle Himmelsrichtungen blicken. Insgesamt wirkt der Bayon schon eher wie eine Ruine. Dies um so mehr, wenn man zuvor Angkor What gesehen hat.
Trotzdem findet man auch hier Reliefs und Verzierungen, die erahnen lassen, welch großartige Kultur dies alles hervorgebracht hat. Die ineinander verschachtelten Galerien, Aufgänge und Ebenen sind ein architektonisches Meisterwerk, entstanden ca. 100 Jahre nach Angkor Wat.
Die etwa 200 großen steinernen Gesichter verkörpern Lokesvara, ein Wesen, das die höchste Stufe auf dem Weg zur Erleuchtung erreicht hat und selbst Buddha werden kann. Allerdings verzichtet es selbstlos auf die letzte Erleuchtung, um den Menschen bei deren Suche nach diesem Zustand zu helfen.
Auch hier konnte das Volk die äußere Galerie besuchen , um dem Buddhismus näher zu kommen..
Diese Beiden pfeifen auf das "Lernprogramm" und spielen lieber mit ihren Barbie-Puppen !
Ein Stück weiter finden wir an der Straße die sog. Elefantenterrasse, eine Tribüne für König und Volk. Sie ist ca. 350 m lang . Auf ihrer ganzen Länge weist das Fundament Reliefs und Halbreliefs auf, z.B. Pferde, Elefanten.
Ein Stück hinter der Sandsteinkonstruktion liegen im Regenwald zwei Tempelberge von beachtlichen Ausmaßen, Nachbildungen des Berges Meru. Einer der Hügel wird gerade aufwändig restauriert. Etwas seitlich liegen zwei Wasserbecken. Diese dienten als Pools für Männer und Frauen – getrennt, wie es sich gehörte.
Am Himmel in Richtung Siem Reap brauen sich inzwischen dunkle Wolken zusammen und erinnern uns daran, dass wir in der Regenzeit reisen. Im Eilgang radeln wir zurück, vorbei am Bayon in Richtung Angkor Wat. Kurz davor beginnt es zu tröpfeln, und wir können uns gerade noch unter das Dach eines Imbiss-Stands retten, als ein füchterliches Unwetter über uns hereinbricht. Wohl dem, der wie wir ein Dach über dem Kopf hat.
Die Betreiber des Imbiss, zwei junge Männer und drei Frauen, sind sehr freundlich und ich rede lange mit einem 22-jährigen und gut informierten über Gott und die Welt, bis schließlich der Regen aufhört und wir durch die mit Pfützen, abgebrochenen Ästen und Blattwerk übersäten Straßen nach Hause radeln können.
Für heute hatten wir genug Programm, und so lassen wir den Tag auf der Terrasse vor unserem Zimmer gemütlich ausklingen. Das Mädchen an der Rezeption telefoniert schließlich noch mit Mr. Bin, einem Tuk-Tuk-Fahrer, der uns bereits um 5 Uhr am nächsten Morgen abholen soll, damit wir den Sonnenaufgang über Angkor Wat erleben können.
Abends gehen wir mit neuen Bekannten, einem Schweizer Paar, in ein kleines Khmer-Restaurant, wo wir einmal mehr lecker essen.
(Forts. folgt)
Vorteilhaft ist, dass wir ein Reisetagebuch in digitaler Form haben, und so kann ich einfach den entsprechenden Abschnitt verwenden . Er hat fast Erzähl-Charakter und erfordert damit etwas Lesezeit. So muss ich "nur noch" die Fotos dazwischen schieben. Wer bloß die Bilder anschauen will - nur zu. Die Bildqualität aus der Optik unserer ersten Digitalkamera reißt allerdings nicht vom Hocker, zumal die Lichtverhältnisse in der Regenzeit (wir waren im August dort) die Knipserei oft erschwerten. Bei den Angkor-Bauten kommt hinzu, dass sie zu dieser Zeit schmutzig-grau-braun und damit kontrastarm erscheinen. Dies tat jedoch dem Reiz der Besichtigungen keinen Abbruch !
Wir kamen im August '2004 über Bangkok per Bus zur Grenzstadt Phsar Prum und wunderten uns dort über die riesigen Spielkasinos auf kambodschanischer Seite. In Thailand war und ist Glücksspiel (Ausnahmen, z.B. staatl. Lotto) offiziell verboten, und so zieht es wohlhabende Thai in Spielhöllen wie eben die in Phsar Prum.
Unsere Route führte nach Battambang, weil wir uns die Anfahrt von dort nach Siem Reap (Angkor) über eine total interessante Flussfahrt und über den Tonle-See nicht entgehen lassen wollten. Die Fahrt nach Battambang ist eine eigene Story. Es kamen starke Eindrücke zusammen, besonders während der 6-stündigen Passage in einem kleinen Boot. Schließlich kamen wir in Siem Reap an und suchten uns ein einfaches Hotel. Hier beginnt der Text des Tagebuchs:
Am Nachmittag (des 2. Tages in Siem Reap) gehen wir weiter auf Entdeckungsreise. Gegen 17 Uhr nehmen wir ein Tuk-Tuk und lassen uns in Richtung Angkor Wat karren. Etwa zwei Kilometer vor diesem wohl bekanntesten Tempel befindet sich die (einzige) Ticketausgabe zur Besichtigung der Region und Monumente Angkors.
Hier stehen wir zunächst in einer von drei Warteschlangen an, sind aber in 10 Minuten abgefertigt. Für unsere 3-Tages-Pässe haben wir je 40 U$ blechen müssen, können jedoch bereits heute Abend gratis in die Anlage.
( Hier eine Übersicht der einst vielleicht größten Stadt unseres Planeten, in der die Tempelanlage Angkor Wat nur ein kleiner Teil des Ganzen ist.) Laut Wikipedia war sie vom 9. bis zum 15. Jahrhundert das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches Kambuja .
(Anm.: Wer an der facettenreichen Geschichte der Khmer-Reiche interessiert ist, löchert am besten das Internet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Angkor
Einen genaueren Plan der Anlage gibt es bei "Wiki" auch :
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... l_Park.svg
Dass unsere Dollars gut investiert sind, ahnen wir schon, als wir kurz darauf um den Wassergraben des gewaltigen Komplexes Ankor Wat herum und daran vorbeifahren, um etwa einen Kilometer weiter auf einen vielleicht 50 m hohen Aussichtshügel zu klettern. Es geht steil über den steinigen Hang nach oben. Manche Touristen lassen sich von bereitstehenden Elefanten für den stolzen Preis von 15 $ nach oben bringen. Es regnet, und wir nutzen unsere Schirme. Auf der kleinen Khmer-Ruine am Scheitelpunkt des Hügels stehen bereits Dutzende von Touristen aus aller Welt, um den Sonnenuntergang zu sehen, während hinter uns, umgeben von Regenwald und dichtem Grün in parkähnlichen Anlagen die monumentale Kulisse des Ankor Wat zu erkennen ist.
Während die Sonne langsam sinkt, hört es irgendwann auf zu regnen, und es bildet sich über dem monumentalen Angkor Wat ein mächtiger Regenbogen. Die Stimmung ist grandios und zugleich unwirklich. Im Westen vor uns ist ein See zu erkennen, über dem die Sonne schließlich in Wolkenfetzen nach unten wandert. Der Himmel färbt sich und die Leute hier oben klatschen euphorisch.
Bald darauf steigen wir ab, begeistert über unser Glück, inmitten der herrlichen Szenerie sein zu können, und wir lassen uns zurück in die Stadt fahren.
Hier genehmigen wir uns als erstes ein „Happy-Hour“-Draftbeer (halber Preis und frisch vom Fass gezapft).
Mittwoch, 11. August
Unser Guesthouse bietet außer einem freien und langsamen Internet-Zugang auch zwei Fahrräder zum Nulltarif. Wir nehmen Maß, verstellen die Sättel und rollen über die Distanz von etwa 7 km bis zum Tempelkomplex Angkor Wat.
Hier stellen wir die Räder ab und wandern langsam über den Damm zum Eingangstor des äußeren Walls. Dieser liegt innerhalb eines Wassergrabens mit den Seitenlängen von etwa 1000 x 800 m.
Lotus blüht im Teich daneben. Die Pflanze hat eine zentrale Bedeutung für die Architektur der Tempel.
Vom Eingangsportal aus führt eine weitere Brücke aus Sandstein zum eigentlichen Kern der Tempelanlage mit den markanten 5 Türmen. Angkor Wat ist das größte sakrale Bauwerk unserer Erde und mehr als nur ein Tempel. Er stellt nach der Vorstellung der damaligen Bewohner einen Mikrokosmos dar, das Universum im kleinen.
Die Tempelanlage war eine Stadt in der Stadt. In ihr lebten damals ca. 20.000 Einwohner in Hütten aus Holz. Die Wassergräben symbolisieren dabei das Urmeer, Gräben und Galerien die Gebirgsketten und die Türme den Sitz der Götter.
Das Zentrum des Tempels zeigt den Berg Meru als die Mitte der Welt . Alle Khmer-Tempel weisen diesen höchsten Mittelturm auf, der wie auch die meisten anderen Türme die stilisierte Form einer Lotusblüte hat.
Über Kreuzgalerien und Treppen klettert man in die jeweils höhere Ebene. Die oberste war dem König sowie dem höchsten Priester vorbehalten. Der Mittelturm überragt diese Ebene um 42 Meter !
Die allermeisten Portale und Wände wurden mit Steinmetzarbeiten verziert und weisen Muster oder Skulpturen sowie Reliefs auf. Für Betrachter mit am interessantesten sind jedoch die fast endlosen Wandreliefs in den umlaufenden Gängen auf der untersten Ebene des Komplexes. Sie bedecken eine Wandfläche von ca. 800 m Länge: so etwas gibt es nirgendwo anders.
Bis zu ihnen durfte das einfache Volk, um die Bildergeschichten zu „lesen“. Diese antiken „Stories" geben einen tiefen Einblick in die damlige Geschichte und den Alltag des alten Angkor-Reiches. Die Themen orientieren sich vor allem an vielen Schlachten sowie an den indischen Epen Ramayana und Mahabharata.
Wir verweilen für Stunden in dem kolossalen Bauwerk, bewundern die Reliefs, die Jahrhunderte fast unbeschadet überstanden haben. An den verteilt aufgestellten Statuen fehlen oft die Köpfe. Die Roten Khmer haben Teile ihrer so prachtvollen kulturhistorischen Zeugnisse in wenigen Jahren ausgelöscht. Reliquien waren diesen üblen Gesellen ebenso verhasst wie Bildungsbürgertum. Da genügte bereits das Tragen einer Brille, um als Intellektueller eingekerkert oder umgebracht zu werden.
Fast jeder Einheimische, mit dem wir ins Gespräch kamen, wusste von schmerzlichen Erinnerungen aus seiner Familie zu erzählen. (Anm.: in Pnom Penh und im ganzen Land gibt es erschütternde Zeugnisse dieses leidvollen Teils der Geschichte des Landes)
Immer wieder bestaunen wir die ausgeklügelte Architektur, mit deren Hilfe ein solch gewaltiges Bauwerk errichtet werden konnte. Gleichzeitig wurde viel Augenmerk für die Proportionen und die Fein-Bearbeitung aufgebracht.
Der rote Pfeil im Plan zeigt die Blickrichtung zur Treppe mit Eckturm im Bild rechts darunter:
Hier zeigt der Pfeil im Plan die Blickrichtung zur Außenmauer entsprechend dem Bild darunter :
An einer Stelle weist ein Schild darauf hin, dass auch die Deutschen an der Restaurierung und am Erhalt dieses Weltkulturerbes beteiligt sind:
Gläubige opfern , um sich ein gutes Karma zu verschaffen. Vorteile für eine Wiedergeburt....
Die Dimensionen der Anlage werden deutlich, wenn man den Weg bis zur äußeren Begrenzungsmauer betrachtet:
Nachdem wir uns daran erinnern, dass wir heute noch ein zweites Monument besichtigen wollen, überqueren wir den Damm hinaus zur Straße, wo es einfach Essenstände, aber auch zwei, drei Restaurants sowie ein Café gibt. Letzteres erweist sich als Souvenirshop, aber im Restaurant nebenan bestellen wir eine „Large size“ Tom Yam-Suppe mit Shrimps, die in einem ringförmigen Gefäß gebracht wird – bei uns als Steamboat bekannt. Sie ist köstlich!
Danach ist es mit etwas Arbeit verbunden, die mit Postkarten, Schals und Büchern handelnden Kinder ruhigzustellen. Man ist meist in der Zwickmühle. Wendet man sich ihnen zu, redet man mit ihnen, sind sie fast wie Kletten. Ignoriert man sie, fühlt man sich nicht gut dabei, wird sie allerdings schnell los. Wir ertragen ihre Beharrlichkeit und kaufen ein paar Bild-Postkarten....
Auf einer kerzengeraden Straße fahren wir anschließend – vorbei an Angkor Wat – in den Regenwald hinein, der beiderseits der Straße ausgelichtet wurde und parkähnlich wirkt.
Nach vielleicht 2 km kommen wir an eine Galerie von Statuen mit unterschiedlichen Gesichtern. Es gibt solche mit Fratzen. Sie stellen Dämonen dar. Die anderen wirken freundlich. Sie flankieren den Zugang zu einem Tor, hinter dem die einstige Stadt Angkor Thom mit dem Bayon als Mittelpunkt zu finden ist. Sie wurde um 1200 n. Chr. gebaut.
Hinweis auf den Bayon:
Das Bauwerk liegt nach einigen hundert Metern ebenfalls inmitten eines Beckens, das ein Urmeer darstellen sollte. Angeblich schwammen darin einst Krokodile. Das Ganze ist von einer Art Ringstraße umgeben. So kann man das erstaunliche Gebilde jedenfalls umrunden und gut von allen Seiten anschauen.
Das Besondere am Bayon, der nur in kleinen Teilen restauriert bzw. vor weiterem Zerfall gerettet wurde, sind seine 54 Türme. Jeder weist 4 gewaltige Gesichter auf, die in alle Himmelsrichtungen blicken. Insgesamt wirkt der Bayon schon eher wie eine Ruine. Dies um so mehr, wenn man zuvor Angkor What gesehen hat.
Trotzdem findet man auch hier Reliefs und Verzierungen, die erahnen lassen, welch großartige Kultur dies alles hervorgebracht hat. Die ineinander verschachtelten Galerien, Aufgänge und Ebenen sind ein architektonisches Meisterwerk, entstanden ca. 100 Jahre nach Angkor Wat.
Die etwa 200 großen steinernen Gesichter verkörpern Lokesvara, ein Wesen, das die höchste Stufe auf dem Weg zur Erleuchtung erreicht hat und selbst Buddha werden kann. Allerdings verzichtet es selbstlos auf die letzte Erleuchtung, um den Menschen bei deren Suche nach diesem Zustand zu helfen.
Auch hier konnte das Volk die äußere Galerie besuchen , um dem Buddhismus näher zu kommen..
Diese Beiden pfeifen auf das "Lernprogramm" und spielen lieber mit ihren Barbie-Puppen !
Ein Stück weiter finden wir an der Straße die sog. Elefantenterrasse, eine Tribüne für König und Volk. Sie ist ca. 350 m lang . Auf ihrer ganzen Länge weist das Fundament Reliefs und Halbreliefs auf, z.B. Pferde, Elefanten.
Ein Stück hinter der Sandsteinkonstruktion liegen im Regenwald zwei Tempelberge von beachtlichen Ausmaßen, Nachbildungen des Berges Meru. Einer der Hügel wird gerade aufwändig restauriert. Etwas seitlich liegen zwei Wasserbecken. Diese dienten als Pools für Männer und Frauen – getrennt, wie es sich gehörte.
Am Himmel in Richtung Siem Reap brauen sich inzwischen dunkle Wolken zusammen und erinnern uns daran, dass wir in der Regenzeit reisen. Im Eilgang radeln wir zurück, vorbei am Bayon in Richtung Angkor Wat. Kurz davor beginnt es zu tröpfeln, und wir können uns gerade noch unter das Dach eines Imbiss-Stands retten, als ein füchterliches Unwetter über uns hereinbricht. Wohl dem, der wie wir ein Dach über dem Kopf hat.
Die Betreiber des Imbiss, zwei junge Männer und drei Frauen, sind sehr freundlich und ich rede lange mit einem 22-jährigen und gut informierten über Gott und die Welt, bis schließlich der Regen aufhört und wir durch die mit Pfützen, abgebrochenen Ästen und Blattwerk übersäten Straßen nach Hause radeln können.
Für heute hatten wir genug Programm, und so lassen wir den Tag auf der Terrasse vor unserem Zimmer gemütlich ausklingen. Das Mädchen an der Rezeption telefoniert schließlich noch mit Mr. Bin, einem Tuk-Tuk-Fahrer, der uns bereits um 5 Uhr am nächsten Morgen abholen soll, damit wir den Sonnenaufgang über Angkor Wat erleben können.
Abends gehen wir mit neuen Bekannten, einem Schweizer Paar, in ein kleines Khmer-Restaurant, wo wir einmal mehr lecker essen.
(Forts. folgt)