Geisterurbanisationen
Verfasst: Mo 27. Jun 2011, 17:02
Geisterstädte wie die Residencial Francisco Hernando bei Madrid gibt es auch an der Cosa Blanca - natürlich nicht so groß, nicht so spektakulär, aber genauso erschreckend. Hier wurden über den Bedarf zu völlig unrealistischen Preisen Urbanisationen errichtet. Ich frage mich, was Menschen empfinden, die während des Immobilienbooms voller Enthusiasmus eines der ersten Grundstück in einer geplanten Urbanisation gekauft haben, mit dem Gefühl, sich das schönste ausgesucht zu haben. Den jahrelangen Baulärm um sich herum mussten sie im Vorfeld einplanen, aber nicht, dass sie eines Tages allein auf weiter Flur wohnen würden.
Zu Beginn ließ die schnell errichtete Infrastruktur Besuchern den Mund vor Staunen offen stehen: Da sah man pompöse Palmenalleen mit modernen Laternen und breiten Bürgersteinen, an denen sich die Stromkästen in regelmäßigen Abständen reihten. Das mobile Immobilienbüro des Promotors am Rande der neuen Urbanisation, mit Stapeln von Prospekten der Musterhäuser auf dem Bürotisch, ließ die Herzen der potentiellen Käufer höher schlagen: Der Traum von einem weißen Chalet unter südlicher Sonne rückte in greifbare Nähe, und schließlich ist Spanien genauso schön wie Florida - nur schneller zu erreichen.
Wer damals zu völlig überhöhten Preisen zugeschlagen hatte, muss frustriert sein. Heute stehen viele Traumhäuser versteckt hinter hohen Mauern, und die Angst der Bewohner drückt sich in Mauerkronen aus Stacheldraht oder Glasscherben aus. Vor den Neubauruinen in der Nachbarschaft wurden Schilder mit der Aufschrift „se vende“, „for sale“ oder „zu verkaufen“ in den trockenen Boden gerammt - Müll und Abfall türmen sich auf freien Baugrundstücken, auf denen sich allenfalls Ratten wohl fühlen, das Unkraut hat sich die Gehwege zurückerobert, auf den Straßen muss wegen der neu entstandenen Schlaglöcher aufgepasst werden, die Stromkästen sind längst geplündert und die Ladenzeilen für Supermarkt, Apotheke und Restaurants stehen leer, die versprochenen Freizeitanlagen wurden erst gar nicht gebaut. Aber mitten drin da sitzt es nun, das Opfer ungezügelter Bauwut und enttäuschter Erwartungen, dessen Traum vom Süden genauso zerplatzt ist wie die Immobilienblase des spanischen Wirtschaftswunders.
Glück hat, wer wenigstens in einer halbwegs fertigen Urbanisation wohnt und keine Baumängel zu beklagen hat, denn das ganze Ersparte ging oft für den Traum im Süden drauf. Den Bauträger kann man nicht mehr belangen und die noch nie bewohnten Nachbarhäuser sind dem Verfall preisgegeben. Ab und zu entdeckt man noch ein bewohntes Haus, das man anhand der Satellitenschüssel und der Klimaanlage ausmachen kann. Die Freude über dem schönen, unverbauten Meerblick ist den Hausbesitzern in ihren Festungen längst vergangen…
Die Betroffenen leiden unter ihrer Fehlinvestition, deshalb verzichte ich auf die namentliche Nennung dieser Geisterurbanisationen und ihrer Lage, erwähnen kann ich dagegen die Urbanisation Bellarotja in Pego. Nicht weit von Dénia entfernt sollten dort einstmals 1175 Einfamilienhäuser, Duplexhäuser und Appartements im mediterranen Stil mit Meerblick entstehen, eins von vielen Projekten des Immobilien-Konzerns Martinsa-Fadesa, der 2008 Bankrott gemacht hat und landesweit tausende unfertiger, aber bereits verkaufter Gebäude zurück gelassen hat. Das Gelände ist abgeriegelt, dort wohnt niemand, aber die Landschaft - ein markanter und schon von Weitem sichtbarer Berg - wurde wohl für immer (?) durch Bauruinen verschandelt.
Die Betroffenen leiden unter ihrer Fehlinvestition, deshalb verzichte ich auf die namentliche Nennung dieser Geisterurbanisationen und ihrer Lage, erwähnen kann ich dagegen die Urbanisation Bellarotja in Pego. Nicht weit von Dénia entfernt sollten dort einstmals 1175 Einfamilienhäuser, Duplexhäuser und Appartements im mediterranen Stil mit Meerblick entstehen, eins von vielen Projekten des Immobilien-Konzerns Martinsa-Fadesa, der 2008 Bankrott gemacht hat und landesweit tausende unfertiger, aber bereits verkaufter Gebäude zurück gelassen hat. Das Gelände ist abgeriegelt, dort wohnt niemand, aber die Landschaft - ein markanter und schon von Weitem sichtbarer Berg - wurde wohl für immer (?) durch Bauruinen verschandelt.