Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

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maxheadroom
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von maxheadroom »


Hola Frambuesa,
dankeschön für die Fortsetzung und die Ankündigung von weiterem, macht mir Lust auch mal wieder diese
Ecke aufzusuchen, wie ja schon öfters erwähnt gibt es ja überall schöne Eckchen, leider ist ja die
Zeit alles zu sehen immer zu knapp bemesen :( Da ist mir doch in meinem Biocomputer :) eingefallen, wie
Du über die Stufen lamentiert hast wegen der Münsterturm Besteigung, in Rottweil hättet Ihr einen
schönen Turm via Lift erklimmen können, nach meiner Erinnerung ist er so ca 230 Meter hoch und hat eine
tolle Aussich zu bieten , jetzt bin ich ja erst mal gespannt was Du über die schwäbische Küche zu
berichten hast,kommt ja auch schon in der Überschrift des threads zum tragen :) hätte ja statt Maultaschen
Gottesbescheisserle heissen müssen :) :) soll ja nach der Überlieferung aus einem ebenfalls sehenswerten
Kloster, Maulbronn , kommen.

Saludos
maxheadroom
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Frambuesa
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Frambuesa »

Oh wie ich sie liebe, die Herrgottsbscheißerle :) und auch die sich drum herum rankenden Legenden :lol:
Saludos Frambuesa
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Frambuesa
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Frambuesa »

Von Spätzle, Knöpfle und Buabaspitzle,
Wibele, Herrgottsbescheißerle und Brägele


Natürlich haben wir gewusst, dass sich die schwäbische Küche nicht für ein effektives Diätprogramm eignet, dass sie jedoch sooooo lecker und „figurschmeichelnd“ ist, damit hatten wir dann doch nicht gerechnet. Aber in unserem Urlaub, da haben wir uns durch einige Spezialitäten durchgefuttert.

Wibele, Brägele, Herrgottsbescheißerle und Buabaspitzle sind für viele Nichtschwaben wohl so etwas wie „böhmische“ Dörfer. Spätzle hingegen sind mittlerweile ganz sicher auch den Friesen und Holsteinern bekannt. Doch was hat es mit den Knöpfle und den Buabaspitzle auf sich?
Zunächst hoffe ich mal, dass mir die Forenmoderatoren den etwas frivolen Begriff der Schupfnudeln nicht streichen werden ;-)

Welch herrliche Gerichte man damit zaubern kann, das wissen schwäbische Hausfrauen natürlich am allerbesten und - jede hat da wohl auch ihr eigenes Spätzle/Knöpfle-Rezept. Deshalb verrate ich euch hier nur, dass Spätzle und Knöpfle beide aus dem gleichen Nudelteig hergestellt werden. Sie unterscheiden sich einzig in der Form voneinander. Spätzle werden (nicht nur) von ehrgeizigen Hausfrauen auch heute noch vom Brett geschabt. Das erfordert allerdings ein wenig Übung. Da ist das Herstellen von frischen Knöpfle schon einfacher; hier wird der Nudelteig durch ein spezielles Lochsieb gestrichen.
Im Gegensatz zu Spätzle/Knöpfle besteht der Teig für die Buabaspitzle zum größten Teil aus Kartoffeln. Schupfnudeln aßen zwar z.B. schon die Soldaten im 30-jährigen Krieg. Da bestanden sie allerdings nur aus Mehl und Wasser, denn auf Kartoffeln mussten die Deutschen ja noch etwa 100 Jahre warten ;-)

Um bei den Kartoffeln zu bleiben: Brägele liebt Jefe in allen Variationen ganz besonders. Es hat jedoch eine ganze Weile gedauert, bis wir wussten, dass sich dahinter schlicht und ergreifend Bratkartoffeln verbargen.

Mir haben es die Herrgottsbescheißerle in sämtlichen kulinarischen Zubereitungsarten ganz besonders angetan. Wie die Maultasche in die Welt und unter die Gaumen der Menschheit kam, darüber gibt es einige Spekulationen.
Manche denken, sie seien den Ravioli „nachgebaut“ und wieder andere glauben tatsächlich, ihr Ursprung stamme aus China und wie so oft streiten sich die Geister.


Uns gefällt jedoch die Legende vom Zisterzienser-Mönch des Klosters Maulbronn aus der Zeit des 30-jährigen Krieges am besten, dem kurz vor Ende der Fastenzeit ein Stück Fleisch unverhofft in die Hände fiel. Nun war den Mönchen allerdings der Genuss von Fleisch in den 40 Tagen vor Ostern verboten. Bei der Zubereitung der Gründonnerstagsmahlzeit kam ihm ein etwas unfrommer Gedanke: „Und wenn‘s der Herrgott nicht sieht . . .“ und die glorreiche Idee, das Fleisch kleingehackt unter das Gemüse zu mischen und in Teigtaschen zu verstecken. Deshalb heißen die Maultaschen im Schwabenländle auch heute immer noch „Herrgottsbescheißerle“. Ob seine Mitbrüder den Betrug bemerkt und durch den Genuß der Maultaschen gesündigt hatten, darüber schweigen die Annalen. Doch wegen solch kleinen Vergehens wird ihnen der Herrgott wohl kaum den Zutritt zum Himmel verwehrt haben.
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So wie uns die Geschichte der Maultaschen gefällt, so erfreuen wir uns auch der Geschichten, die sich um eine weitere schwäbischen Spezialität, der Wibele, dreht. Zum Schmunzeln finde ich die Geschichte des sparsamen Zuckerbäckers, dem es in der Seele weh tat, die knusprig gebackenen Teigränder am Backblech einfach abzukratzen und wegzuwerfen. So kam er auf die Idee, sie in Tüten zu füllen und zu verkaufen. Auf der Suche nach einem verkaufsfördernden Namen stellte er fest, dass die kleinen Teigtropfen Ähnlichkeit mit den kleinen, runden Dinger unter dem Leibchen seines jungen Weibes und aus dem Weible wurde dann recht schnell die „Wibele“
Und dann gibt es da noch die offizielle Version vom Hofkonditor des Fürsten zu Hohenlohe, Jacob Christian Wibel, der dies kleinste Gebäck der Welt erfunden hat. Es gab wohl schnell einige Nachahmer, doch Fürst Karl Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg, der von der Qualität dieser enttäuscht war, forderte ausschließlich das Biskuitsgebäck nur noch vom „Wibele“.
Übrigens, noch heute ist der exklusive Hersteller der Wibele, das Café Bauer in Langenburg, der Meister Wibel seinen Betrieb einschließlich seiner Wibele-Rezeptur Ende des 18. Jh. verkauft hat.

Natürlich will es hier nicht versäumen, die Verbindung der Wibele zum europäischen Hochadel zu erwähnen. Als Queen Elisabeth 1965 Deutschland besuchte, schaute sie auch bei ihrer Verwandtschaft in Langenburg vorbei. Bei diesem Ereignis wurde ihr auch eine Portion Wibele überreicht. Die Rede des damaligen Bürgermeisters Fritz Gronbach in seinem speziellen Englisch verleitet noch heute zum Schmunzeln.

Als Prinz Charles 2013 Langenburg besuchte und seine Wibele persönlich in Empfang nahm, lobte er die Langenburger auch wegen ihres guten Englisch ;-) Quelle

Aus vielerlei Gründen bekomme ich derzeit kaum was „Gscheits“ zu Papier :sad: ; habt deshalb ein wenig Geduld bis zum nächsten Artikel .
Saludos Frambuesa
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vitalista
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von vitalista »

Neugierig habe ich mir gleich das Wibele-Rezept rausgesucht und jetzt weiß ich, was du mit den runden Dingern unter dem Leibchen meinst ;) :d.

Ganz besonders gefällt mir jedoch die Rede von Fritz Gronbach ;)) und das charmante Lächeln der Queen, die sich sicherlich zusammenreißen musste, um nicht laut loszuplatzen=)) :)) =)).

Dankeschön, dass du dir die Mühe machst, uns an eurer Reise so vergnüglich teilhaben zu lassen.
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maxheadroom
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von maxheadroom »


Hola Frambuesa,
vielen Dank fuer die gute Beschreibung der schwäbischen Kochkunst. Natuerlich sind mir alle diese guten und schmackhaften Gerichte gut bekannt
und es ist ja einfach schön das jede Region so ihre eigenen schmankerln hat , dies macht ja das reisen so interessant.
Da möchte ich nur noch etwas aus der philosophischen Gedankenwelt der Schwaben beisteuern, wo noch anzumerken ist schwäbisch ist wie Latein,
nur die gebildeten verstehen es :lol: :lol: :mrgreen: :lol: :lol:


Ma sott garnet glauba, was en oin neighot, wemmer eiglade isch.

(Man sollte gar nicht denken was man essen kann, wenn man eingeladen ist)

Liabr da Maga verrenka als em Wirt was schenka.

(Lieber den Magen verderben wie dem Wirt was schenken)

Liebr en Ranze vom Fresse als en Buckel vom Schaffe.
( Lieber ein dicken Bauch vom vielen Essen, wie einen krummen Rücken vom vielen Arbeiten)


In diesem Sinne bin ich gespannt auf weitere Berichte aus deinen Reiseerlebnissen.

Saludos
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Frambuesa »

vitalista hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 08:46Neugierig habe ich mir gleich das Wibele-Rezept rausgesucht und jetzt weiß ich, was du mit den runden Dingern unter dem Leibchen meinst ;) :d.

:lol: Huch, vielleicht hätte ich noch eine kleine Erklärung hinzufügen sollen? :-?

Zitat aus: Warum heißen Wibele wie sie heißen?

Über diese Frage haben sich schon so manche Experten den Kopf zerbrochen. . . .
Womit „Wibele“ dann also mit „kleines Weibchen“ übersetzt werden würde. Erst jetzt kommt aber der eigentliche Kniff in dieser durchaus wissenschaftlichen Theorie. Wendet man auf diese Übersetzung nämlich das „Pars pro toto-Prinzip“ an, geht man also davon aus, das ein Teil für das Ganze steht, dann handelt es sich bei Wibele – man glaubt es kaum – um „kleine Brüste“. Weit hergeholt? Wer weiß… auf jeden Fall werden Sie sich das nächste Wibele, das in Ihrem Mund verschwindet, genauer anschauen, oder?

Zitat-Ende

Und der Vollständigkeit halber hier auch noch die offizielle, belegte Version der Wibele-Entstehungsgeschichte


vitalista hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 08:46 Ganz besonders gefällt mir jedoch die Rede von Fritz Gronbach ;)) und das charmante Lächeln der Queen, die sich sicherlich zusammenreißen musste, um nicht laut loszuplatzen=)) :)) =)).

Ja, ihr Lächeln war schon wirklich ganz besonders zauberhaft und wenn man dann den Hintergrund dazu betrachtet . . . :) >:d<

Übrigens wird gemunkelt, dass Prinz Philipp der Rede wohl nicht ganz folgen konnte ;-)
Doch ein Wort zur Ehrenrettung des Bürgermeisters: Wer sprach denn damals schon fließend englisch? Zu der Zeit war es eher wichtig, die Sprache der Besatzungstruppen zu sprechen und das war in BW halt Französisch
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Frambuesa »

maxheadroom hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 21:18
Da möchte ich nur noch etwas aus der philosophischen Gedankenwelt der Schwaben beisteuern, wo noch anzumerken ist schwäbisch ist wie Latein,
nur die gebildeten verstehen es :lol: :lol: :mrgreen: :lol: :lol:


Ma sott garnet glauba, was en oin neighot, wemmer eiglade isch.

Liabr da Maga verrenka als em Wirt was schenka.

Liebr en Ranze vom Fresse als en Buckel vom Schaffe.

Deinen überaus treffenden schwäbischen Lebensweisheiten möchte ich noch eine hinzufügen:
„Bei de Reiche lärnd ma s’schbara, bei de Arme s’kocha.“

(Bei den Reichen lernt man das sparen, bei den Armen das kochen)
Du merkst, ich mag nicht nur die schwäbische Küche, sondern auch den schwäbischen Dialekt :-D ;;)
In diesem Sinne - Adele
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Rockcrunsher »

nurgis hat geschrieben: Sa 23. Jul 2022, 22:31 ...
Ich habe in einer durch gute Dekoration der Schaufenster dort bekannten Firma, direkt am Münsterplatz, Jahre dort als Dekorateurin mit gearbeitet. Ist jedoch schon fast 50 Jahre her.
Hallo nurgis, das hört sich ja schwer nach "Abt" an. :razz:
Liebe Grüße
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von Oliva B. »

=D> Applaus, liebe Frambuesa,

dir bereitete dein kulinarischer Ausflug Gaumenfreuden, uns bescherte er unterhaltsam erzählte Geschichte rund um die schwäbischen Teiggerichte, gewürzt mit amüsanten Anekdoten.

Zu Recht wurden die leckeren
Schwäbischen Spätzle und Knöpfle 2012 europaweit als regionale Spezialität geschützt.
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Re: Was macht denn Don Quijote im Maultaschenländle?

Beitrag von nurgis »

Rockcrunsher hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 09:13
nurgis hat geschrieben: Sa 23. Jul 2022, 22:31 ...
Ich habe in einer durch gute Dekoration der Schaufenster dort bekannten Firma, direkt am Münsterplatz, Jahre dort als Dekorateurin mit gearbeitet. Ist jedoch schon fast 50 Jahre her.
Hallo nurgis, das hört sich ja schwer nach "Abt" an. :razz:
Ja, Du hast Recht!
Der Hund ist Dir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.
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