Kuba abseits der Strände: bunt und liebenswert
Verfasst: Sa 17. Nov 2018, 14:59
Erst mal vielen Dank für das Interesse an diesem Bericht und die erfreulichen statements ! Für diejenigen unter euch, die nicht mehr auf diese bereisenswerte Insel können oder wollen, haben wir uns gerne während des Trips abgemüht
, und ich tu das ja jetzt noch ein wenig
.
Momentan hab ich etwas Probleme mit den Augen. Deshalb geht alles nicht so flott wie gewünscht !
Teil 2 des Berichts
Trinidad ist ein sehr sehenswertes Städtchen, in dem die ehemals spanischen Häuser im Kolonialstil ans 19.Jh erinnern . Damals hatte die Zuckerausbeute im nahen Valle de los Ingenios für eine rapide Zunahme des Wohlstands in der Region gesorgt.

Das "älteste und bezauberndste Freilichtmuseum Kubas" wurde 1988 zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt. In den Straßen mit ihrem oft Füße strapazierendem Kopfsteinpflaster geht es meist ruhig zu,



Weniger ruhig dagegen an einigen touristischen Brennpunkten, vor allem rund um die Plaza Mayor mit Restaurants und Bars in der Nähe.
Bei Einbruch der Nacht lockt normalerweise die Live-Musikszene viele an, um z.B. bei einem Plastikbecher Mojito auf den Freitreppen bei der Plaza kubanische Klänge und Rhythmen zu genießen. All das findet für uns erst mal nicht statt, denn 9 Tage lang ist Ruhe angesagt. Fidels sterbliche Überreste "verfolgen" uns bereits auf ihrem Weg zur letzten Ruhestätte im Südosten des Landes.
Tröstlich für uns: wir hatten bereits vor der Reise Kontakt mit Kirenia und José aufgenommen und wohnen jetzt in ihrem Hostal, einer casa particular . Ein Glücksgriff, denn die Beiden sind äußerst liebenswert.

Ihre Küche ist einfach, aber hervorragend, und ihre Drinks sind es auch ( Caipirinhas, Pina Coladas, Mojitos und auch Canchancharas, eine örtliche Spezialität, natürlich mit dem Hauptbestandteil der meisten Cocktails: Ron de Cuba). Im privaten Bereich bekommt man in dieser Woche alkoholische Getränke, in der Öffentlichkeit dagegen nicht. Essen muss man in solchen casas normalerweise jeweils vorbestellen, da die Zutaten erst besorgt werden müssen.

Abends erkunden wir die Stadt und genießen den Sonnenuntergang an der Plaza Mayor.

Nach einem opulenten Frühstück auf der Dachterrasse ( ,für uns hier und später in fast in allen casas particulares 5 CUC pro Nase,)

machen wir erneut einen Rundgang, klettern auf den Hausberg und haben einen weiten Blick auf Trinidad und die einige km entfernt liegende Küste, wo einer der schönsten Strände des Südens liegt.

In den Seitenstraßen machen wir oft mit den Einheimischen ein Schwätzchen, zu dem sie fast immer bereit sind. In der Stadt ist die Stimmung spürbar gedrückt. Wo immer wir einen Fernseher wahrnehmen, läuft die Berichterstattung über die letzte Fahrt des "Commandante" auf dem Weg nach Santiago, wo seine Urne beigesetzt werden soll.
Am Nachmittag radeln wir zur und entlang der Küste. Das Wasser ist kristallklar und lädt uns zum Abkühlen ein. Wer will, findet seinen Privatstrand.


In der Nähe gibt es auch luxuriöse Hotels und lange Traumstrände. Nicht unser Ziel.
Zurück in der casa gibt es nette Gesellschaft. Man tauscht sich mit anderen Travellers aus. Für den nächsten Tag haben wir Bustickets besorgt und wollen weiter durch's Innenland nach Südosten. Trinidad steht jetzt für die Rückreise noch einmal auf unserem etwas geänderten Plan und präsentiert sich dann hoffentlich wieder in der Stimmung, für die es bekannt ist.
............................
Mit einem Bus der Gesellschaft Viazul, die praktisch fast alle Städte Kubas verbindet, fahren wir los, als nach einigen hundert Metern eine junge Touristin in Panik ausbricht. Ihr Pass liege noch in ihrem Hostal, habe sie gerade festgestellt ! Der Busfahrer fackelt nicht lange und kurvt mit dem vollbesetzten Gefährt im Zickzack durch ein halbes Dutzend engster Gässchen, bis er vor dem besagten Hostal hält und geduldig wartet, bis der Pass an Bord ist. Wir sind baff !
Dann aber rollen wir durch die tropische Landschaft, vorbei an Mais- u. Zuckerrohrfeldern, kleinen Bananenpflanzungen und kleineren Ortschaften

lassen die Städte Sancti Spiritus, Ciego de Avila und Florida hinter uns , bis wir nach ca. 5 Stunden unser nächstes Etappenziel erreichen:
Camagüey (gesprochen wie engl. "comeaway")
Mit einem solchen in den meisten Städten verfügbaren "Taxi" lassen wir uns in die Innenstadt chauffieren. Mit Kofferraum. Viel bequemer als z.B. in einer südostasiatischen Rikscha, wo man sein Gepäck zwischen die Beine quetschen muss oder auf den Knien hat !

Den Preis haben wir ausgehandelt: 2 CUC. Als wir ankommen, will der Bursche 4 CUC, nämlich 2 pro Person. Wir sind nicht einverstanden ! Es wäre ein Fünftel des Monatslohns eines einfachen Arbeiters. "Erstrampelt" in 10 Minuten auf ebener Strecke...

Ganz in der Nähe des Zentrums suchen wir nach der Adresse einer im Internet hoch gelobten casa particular, aber der Besitzer sei inzwischen verstorben, sagt man uns. So rollen wir unsere Rucksacktrolleys um eine Ecke, wo wir bereits nach wenigen Metern ein unverkennvares Symbol an einem Haus entdecken, einem Anker ähnlich. (Im Bild groß dargestellt) Es kennzeichnet auf Kuba Tausende solcher Unterkünfte.

Marlene hat wohl einen 7. Sinn und erscheint wie gerufen an der Türe. Aufgrund ihrer Schminke vermuten wir zunächst, dass sie ein etwas zweifelhaftes Etablissement betreibt, aber wir liegen falsch. Im geräumigen Innenhof lebt sie mit ihrer Familie , und auch hier werden wir herzlich und liebenswert begrüßt und erhalten ein plüschiges, blitzsauberes Zimmer mit Dusche/Toilette.
Camagüey hat eine kleine, Auto freie Zone mit ein paar eher einfachen Restaurants und Geschäften mit bescheidenem Warenangebot, dazu kleinere Hotels .

Unsere Adresse ist dagegen erst einmal dieses nette Café, im Tripadviser empfohlen.

An der Plaze de Nuestra Senora del Carmen und der gleichnamigen Kirche (etwa um 1825 erbaut) wird die spanische Handschrift sichtbar. Auch das Schaffen der ortsansässigen Künstlerin Martha Jimenez ist nicht zu übersehen:



Der Drang nach Sicherheit wird in dieser Straße überdeutlich. Wohl auch eher eine Hinterlassenschaft der ehemaligen Kolonialherren.....

Ein Hauch von Privatwirtschaft ist im sozialistischen Kuba nichts Besonderes : ein Lädchen zwischen Hauswand und Zaun am Stadtrand.

Aber was wäre das alles ohne die symphatischen Menschen in diesem Land und stellvertretend den Charme einer vielleicht künftigen Miss Cuba ?

Da uns Fidel's Trauerzug im Nacken sitzt und Gerüchte kursieren, dass jetzt sämtliche Busfahrpläne bedeutungslos seien, versuchen wir am nächsten Tag, eine Weiterfahrt zu organisieren. Am Terminal überholt eine Nachricht die andere, und so beschließen wir, zusammen mit einem interessierten Italiener ein Taxi zu organisieren, was sich als ausgesprochen schwierig erweist.
Nach langem Hin und Her erklärt sich aber der Besitzer eines nahezu schrottreifen Lada aus ehemals russischer Produktion bereit, uns einen Teil der Strecke in Richtung Holgüin zu fahren, was tatsächlich gelingt.

In Las Tunas werden wir abgesetzt und suchen uns erneut ein Vehikel. Schließlich erreichen wir unser nächstes Etappenziel : Holgüin.
Wie auch die anderen bisher besuchten Orte ist die Stadt großflächig gebaut, und Gebäude über 3 Etagen sind die Ausnahme. Holgüin ist mit ca 350'000 EW eine der größten Städte Kubas. Zwei, drei Parks, großflächige Plätze und eine Flaniermeile wie der "Bulevar" prägen das Gesicht der Innenstadt.

Insgesamt wirkt sie auf uns eher gemütlich - provinziell. Die touristische Infrastruktur ist bescheiden, und ein paar Schritte vom Zentrum entfernt sehen wir fast ländliche Verhältnisse.


Wie könnte es anders sein: auch hier fallen Oldies ins Auge - jetzt weniger ländlich. Wer kann hier wegschauen ?

Nur Wenige interessieren sich da noch für die Plastik mit Szenen aus Kubas Geschichte sowie der Faust als Symbol der Revolution ?

Das ist ein echter Hingucker....

Auch hier nutzt man natürlich das Internet, und so sieht man in den Städten oft ganze Trauben von "Surfern" in der Nähe eines Hotspots.

Im Privatbereich können sich bislang nur Wenige die Anbindung über einen Router leisten. So nutzt man WLan z.B in der Nähe von Büros der staatlichen Telefongesellschaft ETECSA, was auch wir tun . Wir kaufen jeweils Tarjetas mit Zugangscodes und warten dann geduldig, bis z.B. unsere Post heruntergeladen ist. Für eine Stunde zahlen wir 1 CUC , also 1 US-Dollar.
----------------------------------------------
Inzwischen hat uns der Konvoi mit dem Commandante fast eingeholt. Er bewegt sich - kurz vor Holgüin - auf der umgekehrten Route der „Karawane der Freiheit“, mit der die Revolutionäre 1959 nach dem Sturz des von den USA unterstützten Diktators Batista nach Havanna eingezogen waren.
Ich beschließe, mich an die abseits vom Stadtzentrum liegende Durchgangsstraße zu stellen, um das Ereignis aus der Nähe zu betrachten. Niemand weiß wirklich, wann es soweit sein wird, aber die 3 Stunden Wartezeit gehören für mich zu den stärksten Eindrücken während unseres Aufenthalts.
Tausende haben sich versammelt, um ihrem Fidel die letzte Ehre zu geben. Mit einigen der Wartenden unterhalte ich mich und bin überrascht, wie inbrünstig die Menschen ihn verehren, und dies bei aller vielleicht insgeheim geäußerten Kritik an der Realität des sozialistischen Alltags . Als schließlich der kleine Konvoi vorbeirollt, fließen bei ganz Vielen die Tränen.





Castro war von 1959 bis 2008 an der Macht. Er überstand 10 US - Präsidenten im Amt. Ein intimer Kenner, Journalist bei "Le Monde" , bescheinigte ihm einst die "Lebensweise eines „Mönch-Soldaten“: spartanisches Leben, einfaches Mobiliar, gesundes und einfaches Essen" ! (Wikipedia)
Wir wenden uns wieder unserem "Tagesgeschäft" zu, erkunden die Stadt und beschließen dann, für einen Tag an die Nordküste zu fahren.

Das Transportmittel ist ein Nahverkehrs-"Bus", eine sog. "Maquina". Man spürt den Kontakt zur Straße, denn die Federung ist die eines LKW ! Spartanische Ausstattung im Fahrgastraum. Eben eine echte Holzklasse
..

Gibara ist ein Hafenstädtchen, etwa 35 km von Holgüin entfernt. Noch eher ein Geheimtip, soll dort der Tourismus gefördert werden. So zu lesen im Spiegel 2017: ( http://www.spiegel.de/reise/fernweh/kub ... 79338.html )



Hier entdecken wir tatsächlich die ersten Windkraftwerke. Offenbar will die Regierung Wind- und Sonnenenergie forcieren, aber es mangelt an Kapital.


Seltsame Gewächse an diesem Baum am Rand eines Platzes:


Im besten Hotel am Platz, dem Ordoño, trinken wir einen Capucchino und unterhalten uns lang mit einem jungen Paar aus Österreich. Der Kellner hinter der Bar spricht fast akzentfreies Deutsch. Er habe es sich hauptsächlich selbst aus Büchern beigebracht und übe jetzt mit den Touristen !

Von diesem netten jungen Mann lassen wir uns am späten Nachmittag zurück nach Holgüin bringen. Vermutlich kommt zumindest ein Teil seiner Einkünfte aus dem natürlich privaten Fahrdienst.

Der Achtzylinder wurde wie bei vielen Oldtimern auf Kuba längst durch einen inzwischen qualmenden und schüttelnden Dieselmotor japanischer Herkunft ersetzt und der Spritverbrauch dramatisch gesenkt. Auspuffgase kommen durch das undichte Heck herein, aber es sind ja nur 35 km ....
..............................................
Schließlich wollen wir unsere Reise, bei der auch der Weg das Ziel ist, fortsetzen. . Leider war nicht allzu lange vor unserer Reise die östlichste Region der Insel durch einen Hurrikan schwer beschädigt worden, und wir gaben die Idee auf, an der Nordküste entlang nach Baracoa zu fahren. Stattdessen besorgen wir uns Bustickets nach Santiago de Cuba. Diesmal fast im Schlepptau des Konvois mit Fidels Überresten.
(Fortsetzung folgt)


Momentan hab ich etwas Probleme mit den Augen. Deshalb geht alles nicht so flott wie gewünscht !
Teil 2 des Berichts
Trinidad ist ein sehr sehenswertes Städtchen, in dem die ehemals spanischen Häuser im Kolonialstil ans 19.Jh erinnern . Damals hatte die Zuckerausbeute im nahen Valle de los Ingenios für eine rapide Zunahme des Wohlstands in der Region gesorgt.

Das "älteste und bezauberndste Freilichtmuseum Kubas" wurde 1988 zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt. In den Straßen mit ihrem oft Füße strapazierendem Kopfsteinpflaster geht es meist ruhig zu,



Weniger ruhig dagegen an einigen touristischen Brennpunkten, vor allem rund um die Plaza Mayor mit Restaurants und Bars in der Nähe.
Bei Einbruch der Nacht lockt normalerweise die Live-Musikszene viele an, um z.B. bei einem Plastikbecher Mojito auf den Freitreppen bei der Plaza kubanische Klänge und Rhythmen zu genießen. All das findet für uns erst mal nicht statt, denn 9 Tage lang ist Ruhe angesagt. Fidels sterbliche Überreste "verfolgen" uns bereits auf ihrem Weg zur letzten Ruhestätte im Südosten des Landes.
Tröstlich für uns: wir hatten bereits vor der Reise Kontakt mit Kirenia und José aufgenommen und wohnen jetzt in ihrem Hostal, einer casa particular . Ein Glücksgriff, denn die Beiden sind äußerst liebenswert.

Ihre Küche ist einfach, aber hervorragend, und ihre Drinks sind es auch ( Caipirinhas, Pina Coladas, Mojitos und auch Canchancharas, eine örtliche Spezialität, natürlich mit dem Hauptbestandteil der meisten Cocktails: Ron de Cuba). Im privaten Bereich bekommt man in dieser Woche alkoholische Getränke, in der Öffentlichkeit dagegen nicht. Essen muss man in solchen casas normalerweise jeweils vorbestellen, da die Zutaten erst besorgt werden müssen.

Abends erkunden wir die Stadt und genießen den Sonnenuntergang an der Plaza Mayor.

Nach einem opulenten Frühstück auf der Dachterrasse ( ,für uns hier und später in fast in allen casas particulares 5 CUC pro Nase,)

machen wir erneut einen Rundgang, klettern auf den Hausberg und haben einen weiten Blick auf Trinidad und die einige km entfernt liegende Küste, wo einer der schönsten Strände des Südens liegt.

In den Seitenstraßen machen wir oft mit den Einheimischen ein Schwätzchen, zu dem sie fast immer bereit sind. In der Stadt ist die Stimmung spürbar gedrückt. Wo immer wir einen Fernseher wahrnehmen, läuft die Berichterstattung über die letzte Fahrt des "Commandante" auf dem Weg nach Santiago, wo seine Urne beigesetzt werden soll.
Am Nachmittag radeln wir zur und entlang der Küste. Das Wasser ist kristallklar und lädt uns zum Abkühlen ein. Wer will, findet seinen Privatstrand.


In der Nähe gibt es auch luxuriöse Hotels und lange Traumstrände. Nicht unser Ziel.
Zurück in der casa gibt es nette Gesellschaft. Man tauscht sich mit anderen Travellers aus. Für den nächsten Tag haben wir Bustickets besorgt und wollen weiter durch's Innenland nach Südosten. Trinidad steht jetzt für die Rückreise noch einmal auf unserem etwas geänderten Plan und präsentiert sich dann hoffentlich wieder in der Stimmung, für die es bekannt ist.
............................
Mit einem Bus der Gesellschaft Viazul, die praktisch fast alle Städte Kubas verbindet, fahren wir los, als nach einigen hundert Metern eine junge Touristin in Panik ausbricht. Ihr Pass liege noch in ihrem Hostal, habe sie gerade festgestellt ! Der Busfahrer fackelt nicht lange und kurvt mit dem vollbesetzten Gefährt im Zickzack durch ein halbes Dutzend engster Gässchen, bis er vor dem besagten Hostal hält und geduldig wartet, bis der Pass an Bord ist. Wir sind baff !
Dann aber rollen wir durch die tropische Landschaft, vorbei an Mais- u. Zuckerrohrfeldern, kleinen Bananenpflanzungen und kleineren Ortschaften

lassen die Städte Sancti Spiritus, Ciego de Avila und Florida hinter uns , bis wir nach ca. 5 Stunden unser nächstes Etappenziel erreichen:
Camagüey (gesprochen wie engl. "comeaway")
Mit einem solchen in den meisten Städten verfügbaren "Taxi" lassen wir uns in die Innenstadt chauffieren. Mit Kofferraum. Viel bequemer als z.B. in einer südostasiatischen Rikscha, wo man sein Gepäck zwischen die Beine quetschen muss oder auf den Knien hat !

Den Preis haben wir ausgehandelt: 2 CUC. Als wir ankommen, will der Bursche 4 CUC, nämlich 2 pro Person. Wir sind nicht einverstanden ! Es wäre ein Fünftel des Monatslohns eines einfachen Arbeiters. "Erstrampelt" in 10 Minuten auf ebener Strecke...

Ganz in der Nähe des Zentrums suchen wir nach der Adresse einer im Internet hoch gelobten casa particular, aber der Besitzer sei inzwischen verstorben, sagt man uns. So rollen wir unsere Rucksacktrolleys um eine Ecke, wo wir bereits nach wenigen Metern ein unverkennvares Symbol an einem Haus entdecken, einem Anker ähnlich. (Im Bild groß dargestellt) Es kennzeichnet auf Kuba Tausende solcher Unterkünfte.

Marlene hat wohl einen 7. Sinn und erscheint wie gerufen an der Türe. Aufgrund ihrer Schminke vermuten wir zunächst, dass sie ein etwas zweifelhaftes Etablissement betreibt, aber wir liegen falsch. Im geräumigen Innenhof lebt sie mit ihrer Familie , und auch hier werden wir herzlich und liebenswert begrüßt und erhalten ein plüschiges, blitzsauberes Zimmer mit Dusche/Toilette.
Camagüey hat eine kleine, Auto freie Zone mit ein paar eher einfachen Restaurants und Geschäften mit bescheidenem Warenangebot, dazu kleinere Hotels .

Unsere Adresse ist dagegen erst einmal dieses nette Café, im Tripadviser empfohlen.

An der Plaze de Nuestra Senora del Carmen und der gleichnamigen Kirche (etwa um 1825 erbaut) wird die spanische Handschrift sichtbar. Auch das Schaffen der ortsansässigen Künstlerin Martha Jimenez ist nicht zu übersehen:



Der Drang nach Sicherheit wird in dieser Straße überdeutlich. Wohl auch eher eine Hinterlassenschaft der ehemaligen Kolonialherren.....

Ein Hauch von Privatwirtschaft ist im sozialistischen Kuba nichts Besonderes : ein Lädchen zwischen Hauswand und Zaun am Stadtrand.

Aber was wäre das alles ohne die symphatischen Menschen in diesem Land und stellvertretend den Charme einer vielleicht künftigen Miss Cuba ?

Da uns Fidel's Trauerzug im Nacken sitzt und Gerüchte kursieren, dass jetzt sämtliche Busfahrpläne bedeutungslos seien, versuchen wir am nächsten Tag, eine Weiterfahrt zu organisieren. Am Terminal überholt eine Nachricht die andere, und so beschließen wir, zusammen mit einem interessierten Italiener ein Taxi zu organisieren, was sich als ausgesprochen schwierig erweist.
Nach langem Hin und Her erklärt sich aber der Besitzer eines nahezu schrottreifen Lada aus ehemals russischer Produktion bereit, uns einen Teil der Strecke in Richtung Holgüin zu fahren, was tatsächlich gelingt.

In Las Tunas werden wir abgesetzt und suchen uns erneut ein Vehikel. Schließlich erreichen wir unser nächstes Etappenziel : Holgüin.
Wie auch die anderen bisher besuchten Orte ist die Stadt großflächig gebaut, und Gebäude über 3 Etagen sind die Ausnahme. Holgüin ist mit ca 350'000 EW eine der größten Städte Kubas. Zwei, drei Parks, großflächige Plätze und eine Flaniermeile wie der "Bulevar" prägen das Gesicht der Innenstadt.

Insgesamt wirkt sie auf uns eher gemütlich - provinziell. Die touristische Infrastruktur ist bescheiden, und ein paar Schritte vom Zentrum entfernt sehen wir fast ländliche Verhältnisse.


Wie könnte es anders sein: auch hier fallen Oldies ins Auge - jetzt weniger ländlich. Wer kann hier wegschauen ?

Nur Wenige interessieren sich da noch für die Plastik mit Szenen aus Kubas Geschichte sowie der Faust als Symbol der Revolution ?

Das ist ein echter Hingucker....

Auch hier nutzt man natürlich das Internet, und so sieht man in den Städten oft ganze Trauben von "Surfern" in der Nähe eines Hotspots.

Im Privatbereich können sich bislang nur Wenige die Anbindung über einen Router leisten. So nutzt man WLan z.B in der Nähe von Büros der staatlichen Telefongesellschaft ETECSA, was auch wir tun . Wir kaufen jeweils Tarjetas mit Zugangscodes und warten dann geduldig, bis z.B. unsere Post heruntergeladen ist. Für eine Stunde zahlen wir 1 CUC , also 1 US-Dollar.
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Inzwischen hat uns der Konvoi mit dem Commandante fast eingeholt. Er bewegt sich - kurz vor Holgüin - auf der umgekehrten Route der „Karawane der Freiheit“, mit der die Revolutionäre 1959 nach dem Sturz des von den USA unterstützten Diktators Batista nach Havanna eingezogen waren.
Ich beschließe, mich an die abseits vom Stadtzentrum liegende Durchgangsstraße zu stellen, um das Ereignis aus der Nähe zu betrachten. Niemand weiß wirklich, wann es soweit sein wird, aber die 3 Stunden Wartezeit gehören für mich zu den stärksten Eindrücken während unseres Aufenthalts.
Tausende haben sich versammelt, um ihrem Fidel die letzte Ehre zu geben. Mit einigen der Wartenden unterhalte ich mich und bin überrascht, wie inbrünstig die Menschen ihn verehren, und dies bei aller vielleicht insgeheim geäußerten Kritik an der Realität des sozialistischen Alltags . Als schließlich der kleine Konvoi vorbeirollt, fließen bei ganz Vielen die Tränen.





Castro war von 1959 bis 2008 an der Macht. Er überstand 10 US - Präsidenten im Amt. Ein intimer Kenner, Journalist bei "Le Monde" , bescheinigte ihm einst die "Lebensweise eines „Mönch-Soldaten“: spartanisches Leben, einfaches Mobiliar, gesundes und einfaches Essen" ! (Wikipedia)
Wir wenden uns wieder unserem "Tagesgeschäft" zu, erkunden die Stadt und beschließen dann, für einen Tag an die Nordküste zu fahren.

Das Transportmittel ist ein Nahverkehrs-"Bus", eine sog. "Maquina". Man spürt den Kontakt zur Straße, denn die Federung ist die eines LKW ! Spartanische Ausstattung im Fahrgastraum. Eben eine echte Holzklasse


Gibara ist ein Hafenstädtchen, etwa 35 km von Holgüin entfernt. Noch eher ein Geheimtip, soll dort der Tourismus gefördert werden. So zu lesen im Spiegel 2017: ( http://www.spiegel.de/reise/fernweh/kub ... 79338.html )



Hier entdecken wir tatsächlich die ersten Windkraftwerke. Offenbar will die Regierung Wind- und Sonnenenergie forcieren, aber es mangelt an Kapital.


Seltsame Gewächse an diesem Baum am Rand eines Platzes:


Im besten Hotel am Platz, dem Ordoño, trinken wir einen Capucchino und unterhalten uns lang mit einem jungen Paar aus Österreich. Der Kellner hinter der Bar spricht fast akzentfreies Deutsch. Er habe es sich hauptsächlich selbst aus Büchern beigebracht und übe jetzt mit den Touristen !

Von diesem netten jungen Mann lassen wir uns am späten Nachmittag zurück nach Holgüin bringen. Vermutlich kommt zumindest ein Teil seiner Einkünfte aus dem natürlich privaten Fahrdienst.

Der Achtzylinder wurde wie bei vielen Oldtimern auf Kuba längst durch einen inzwischen qualmenden und schüttelnden Dieselmotor japanischer Herkunft ersetzt und der Spritverbrauch dramatisch gesenkt. Auspuffgase kommen durch das undichte Heck herein, aber es sind ja nur 35 km ....
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Schließlich wollen wir unsere Reise, bei der auch der Weg das Ziel ist, fortsetzen. . Leider war nicht allzu lange vor unserer Reise die östlichste Region der Insel durch einen Hurrikan schwer beschädigt worden, und wir gaben die Idee auf, an der Nordküste entlang nach Baracoa zu fahren. Stattdessen besorgen wir uns Bustickets nach Santiago de Cuba. Diesmal fast im Schlepptau des Konvois mit Fidels Überresten.
(Fortsetzung folgt)