40 bzw. 45 Jahre nach Franco

von den Iberern bis zur Neuzeit
Miesepeter
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Miesepeter »

Über Politik und Religion (und auch Fußball) läßt es sich unendlich streiten ohne daß es jemals zur Einstimmigkeit kommt - also leben und leben lassen bzw. Jedem das Seine.
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Oliva B.
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Wiedererlangung des historischen Gedächtnisses

Beitrag von Oliva B. »

Vergangenheitsbewältigung in Spanien
Die Notwendigkeit der Erinnerung

"Für die wahre Versöhnung einer Gesellschaft spielt die Aufarbeitung der Vergangenheit eine entscheidende Rolle. In Spanien warten viele Opfer des Spanischen Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur noch immer auf Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung." Weiter lesen beim Goethe-Institut

Endlich bewegt sich da etwas, es wurde auch höchste Zeit:
Francos langer Schatten: Spanien arbeitet faschistische Diktatur auf

"Die Franco-Zeit wird in den Schulen endlich im Geschichtsunterricht behandelt, bisher war das eine Ermessensfrage von Direktoren und Lehrern und der Putsch gegen die legitime Regierung 1936 darf nicht mehr als 'Vorfall, an dem alle Seiten Schuld hatten', verniedlicht werden, wie es in mehreren schulischen Geschichtsbüchern noch immer gelehrt wird, heißt es in dem Papier." Zitat CBN

Noch aus Franco-Zeiten stammt ein "Gesetz über offizielle Geheimnisse". Es hält als geheim eingestufte Papiere auch nach 25 Jahren unter Verschluss; eine ausdrückliche Freigabe ist für jedes Schriftstück nötig. aus Der lange Schatten des Bürgerkriegs
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Miesepeter »

Geschichte sind nun mal ununterbrochen fortlaufende Ereignisse, die ineinander fießen. Im Nachhinein erscheinen dann "Ausschnitte" d.h. EINE Geschichte (von bis) die man ohne Kenntis oder Berücksichtigung der vorausgegangene Erignisse (Ursache) nicht gänzlich erfassen kann, will oder soll. So hat bei oder nach Konflikten der Überlegene IMMER recht und braucht nichts zu erklären, nachzuweisem oder gar entschuldigen, dem Unrlegenen werden hingege notfalls kolektive Schuldgfühle und damit eine Pflicht aus Wiedergutmachung eingetrichtert. Die Jahre 1931-36 werdn heute übergangen, bagatellisiert oder unter de Teppich gekehrt. Wie will man da je zu einer Verständigung kommen, wen die alten Wunden imer wieder aufs Neue aufgerissen werden und die Wenigsten der jetzigen Akteure weder den Bürgerkrieg noch die Franco-Zeit bewusst und gewissehaft miterlebt haben - die regierenden Politiker an allerwenigsten.
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Oliva B.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Oliva B. »

@ Miesepeter

Meine Bemerkungen dazu findest du in Blau in deinem Text.

Miesepeter hat geschrieben: Do 17. Sep 2020, 21:51 Geschichte sind nun mal ununterbrochen fortlaufende Ereignisse, die ineinander fießen. Im Nachhinein erscheinen dann "Ausschnitte" d.h. EINE Geschichte (von bis) die man ohne Kenntis oder Berücksichtigung der vorausgegangene Erignisse (Ursache) nicht gänzlich erfassen kann, will oder soll. So hat bei oder nach Konflikten der Überlegene IMMER recht und braucht nichts zu erklären, nachzuweisem oder gar entschuldigen, dem Unrlegenen werden hingege notfalls kolektive Schuldgfühle und damit eine Pflicht aus Wiedergutmachung eingetrichtert. Die Jahre 1931-36 werdn heute übergangen, bagatellisiert oder unter de Teppich gekehrt.


Wie du am Titel dieses Themas erkennen kannst, geht es nicht um die Zweite Republik (1931-1936/1939), sondern um die Franco-Ära und die Aufarbeitung seiner Schreckensherrschaft. Es geht um rund 40 Jahre Menschenrechtsverletzung, die unter den Teppich gekehrt wurden.
Miesepeter hat geschrieben: Do 17. Sep 2020, 21:51Wie will man da je zu einer Verständigung kommen, wen die alten Wunden imer wieder aufs Neue aufgerissen werden und die Wenigsten der jetzigen Akteure weder den Bürgerkrieg noch die Franco-Zeit bewusst und gewissehaft miterlebt haben - die regierenden Politiker an allerwenigsten.
„Verstehen“ kann man sich nur, wenn jeder zu Wort kommt und seine Argumente einbringen kann. Die Diktatur Francisco Francos dauerte von 1936/1939 bis zu den ersten freien Wahlen 1977. In dieser Zeit wurde die Geschichte aus seiner Sicht geschrieben, und nach Francos Tod einigten sich Regimegegner wie Regimeträger die Franco-Zeit durch den „Pakt des Schweigens“ (Pacto del Olvido,) der übrigens nie schriftlich fixiert wurde, die jüngste Vergangenheit ruhen zu lassen. Seinen politisch-administrativen Ausdruck fand dieser ungeschriebene Pakt im Amnestiegesetz von 1977 für die zur Zeit des Bürgerkriegs und unter der Franco-Diktatur begangenen Verbrechen. Die konservative Volkspartei PP hat während ihrer Regierungszeit (1996 bis 2004) erfolgreich verstanden, die Erinnerungen zu verdrängen und die Beschäftigung mit der jüngsten Vergangenheit zu verhindern.

In die Geschichtsbücher flossen deshalb nur die Zeit des Wirtschaftsaufschwungs und der Erneuerung, die du, Miesepeter, noch in so lebhafter Erinnerung hast. Die Zeit der Diktatur (die Säuberungsaktionen, Konzentrationslager, Inhaftierung mehrerer hunderttausend Kriegsverlierer, Vertreibung von fast einer halben Million Menschen ins Exil, brutale Verfolgung von Regimekritikern) wurde darin nicht aufgearbeitet. Erst 2007 unter Zapatero wurde das Gesetz der „memoria histórica“ verabschiedet, das ermöglichte, Relikte aus der Franco-Zeit zu entfernen und damit symbolisch die diktatorische Vergangenheit zu bewältigen.

Wie schwer sich Spanien mit dem Erbe des Franco-Regimes tat, zeigte sich 2012, als die Königliche Akademie der Geschichte in Madrid ein 2011 von ihr publiziertes vielbändiges Geschichtslexikon teilweise zurückziehen musste, nachdem publik wurde, dass ein großer Teil der Artikel zu den politischen Akteuren aus der Franco-Zeit von Historikern verfasst worden war. Geschichtskosmetik in Spanien: Konservative Historiker schönen das Bild des Diktators Franco

Nun sind die „anderen“ dran, die spanische Geschichte mit entsprechenden Beweisen (u. a. Aushebung von Massengräbern mit verschwundenen Anhängern der Opposition) zu korrigieren und zu vervollständigen. Durch die Aufklärung und Aufarbeitung des Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur werden sich immer mehr Spanier vom Franquismus distanzieren.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Xanaron »

Und wie der Franco-Clan zu einem Vermögen von 600 Milliarden Euros gekommen ist............ Die Sommerresidenz kommt jetzt wenigstens (nach wie vielen Jahren?) wieder in die Hand der Bürger zurück.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Miesepeter »

Zitat OlivaB "... geht es nicht um die Zweite Republik (1931-1936/1939), sondern um die Franco-Ära ...." Selbstverstämdlich, aber alles hat nun mal seine geschichtichen Ursachen, sich mit einer Wirkung zu beschäftigen, ohne deren Usache zu ergründen, oder dies wenigstens zu versuchen, ist doch primitiv. Die Gretchenfrage ist doch (nicht nur in diesem Fall) "Wie konnte es soweit kommen" und "welche Faktoren und wer begünstigte oder gar förderten das?" Was wäre passiert, wenn z.B. die Engländer den "Dragon Rapide" nicht zur Verfügung gestellt hätten? Oder wenn die Reichstagswahlen 1933 anders ausgalufen wären? Beide Ursachen haben jedenfalls ganz entscheidend erst möglich gmcht, was danach kam, d.h. sie sind die Verursacher, die letztendlich (mit-)verantwortlich zu machen sind.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Atze »

Miesepeter hat geschrieben: Sa 19. Sep 2020, 10:08 Was wäre passiert, wenn z.B. die Engländer den "Dragon Rapide" nicht zur Verfügung gestellt hätten? Oder wenn die Reichstagswahlen 1933 anders ausgalufen wären? Beide Ursachen haben jedenfalls ganz entscheidend erst möglich gmcht, was danach kam, d.h. sie sind die Verursacher, die letztendlich (mit-)verantwortlich zu machen sind.
Das waren nicht "die Engländer", sondern Bepp und Collard. Collard war zwar vom Geheimdienst, war aber eine schillernde Abenteuerfigur. Es ist nicht erwiesen, dass die britische Regierung von dem Vorhaben wusste.
Und: Was von Franco zu erwarten war, hat er beim und nach dem asturischen Bergarbeiterstreik von 1934 gezeigt.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Cozumel »

Den spanischen Eliten und Grossgrundbesitzer gefiel nicht, was die sozialistische Regierung vor hatte.
Mehr Rechte für rechtlosen Arbeiter. Beendigung der Feudalsysteme.
Das ist vorher passiert.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von Atze »

Miesepeter hat geschrieben: Sa 19. Sep 2020, 10:08 Was wäre passiert, wenn z.B. die Engländer den "Dragon Rapide" nicht zur Verfügung gestellt hätten? Oder wenn die Reichstagswahlen 1933 anders ausgalufen wären? Beide Ursachen haben jedenfalls ganz entscheidend erst möglich gmcht, was danach kam, d.h. sie sind die Verursacher, die letztendlich (mit-)verantwortlich zu machen sind.
Das waren nicht "die Engländer", sondern Bepp und Collard, die das Verkehrsflugzeug privat charterten. Collard war zwar früher beim Geheimdienst, war aber eine schillernde Abenteuerfigur. Es ist nicht erwiesen, dass die britische Regierung von dem Vorhaben wusste.
Und: Was von Franco zu erwarten war, hat er beim und nach dem asturischen Bergarbeiterstreik von 1934 gezeigt.
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Re: 40 bzw. 45 Jahre nach Franco

Beitrag von maxheadroom »


Hola todos,
einfach mal so zur Meinungsbildung ins Regal gestellt :
https://www.heise.de/tp/features/Aufarb ... l.taeglich

Saludos
maxheadroom
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