Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

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Oliva B.
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von Oliva B. »

Lieber Fritz,

wegen der Schönheit des Landes und der Freundlichkeit der Menschen, die du uns auch diesmal wieder auf eine sehr persönliche Weise nahe gebracht hast, würde ich dieses Land sehr gerne bereisen. Aber es hat auch Schattenseiten:

Du hast am Anfang das Schicksal der Aung San Suu Kyi erwähnt. Auch wenn Myanmar seit 2010 offiziell keine Militärdiktatur mehr ist (in diesem Jahr soll zum ersten Mal eine freie Wahl in Birma stattfinden),
Meine Frage an dich: Wie geht man als Reisender mit diesem Wissen im Hinterkopf um? Ist es nicht ein wenig beklemmend oder sogar beängstigend? Oder spürt man von der Angst immer weniger, je weiter man von der Hauptstadt entfernt ist? :-?
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ville
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von ville »

Oliva B. hat geschrieben:Lieber Fritz,

wegen der Schönheit des Landes und der Freundlichkeit der Menschen, die du uns auch diesmal wieder auf eine sehr persönliche Weise nahe gebracht hast, würde ich dieses Land sehr gerne bereisen. Aber es hat auch Schattenseiten:

Du hast am Anfang das Schicksal der Aung San Suu Kyi erwähnt. Auch wenn Myanmar seit 2010 offiziell keine Militärdiktatur mehr ist (in diesem Jahr soll zum ersten Mal eine freie Wahl in Birma stattfinden), Meine Frage an dich: Wie geht man als Reisender mit diesem Wissen im Hinterkopf um? Ist es nicht ein wenig beklemmend oder sogar beängstigend? Oder spürt man von der Angst immer weniger, je weiter man von der Hauptstadt entfernt ist? :-?
Liebe Elke und Alle,

der letzte Teil meines Berichts steht noch aus und ist fast fertig. Ich will aber vorher schnell auf diese Frage antworten, bevor ich ins Auditorium Teulada entschwinde.

Natürlich sind viele der Probleme nicht vom Tisch, aber auch mit diesem Machtfaktor Militär-Regime wandelt sich vieles. Mit zunehmender Öffnung besteht auch die Hoffnung, dass der Prozess der Demokratisierung voranschreitet.
Ethnien wie z.B. die erwähnten Karen oder die Chin in ein funktionales gesamtstaatliches Gebilde zu integrieren, ist eine große Herausforderung, an der selbst Suu Kyi scheitern kann, wenn es um Realpolitik und nicht nur Absichtserklärungen geht. Dafür gibt es schon Anzeichen.
Im Grenzgebiet zu Thailand leben Hunderttausende, die vor dem Regime geflohen sind, und von denen die meisten wieder gerne zurückkehren würden.
Hat aber mit dem Tourismus wenig zu tun. In nur wenigen Ländern kann man sich so sicher fühlen wie dort, wenn man gewisse Grundregeln befolgt. Für "aufgeklärte Reisende" galt bisher, dass man staatliche Organisationen möglichst umgangen hat, um sein Geld statt dessen privaten Händen zukommen zu lassen. Inwieweit organisierte Reisen nach diesem Prinzip handeln, weiß ich nicht. Dort wird die Kostenfrage eine entscheidende Rolle spielen, denke ich....

LG ville (Fritz)
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von pichichi »

Ich möchte auch darauf antworten, weil sich bei meiner jüngsten Reise ganz ähnliche Fragen stellten:

es gibt eine Vielzahl von Staaten quer über alle Kontinente, die Menschenrechte, die Presse- und Meinungsfreiheit, ja generell unser Verständnis von Demokratie mit Füßen treten, das gelingt vor allem deswegen, weil Bildung und freier Informationszugang nicht stattfinden, Wahlen manipuliert werden und das Militär putscht, wenn die Unzufriedenheit der Massen auch nur im Ansatz die herrschende Kaste bedroht.

Quid nunc?

Man kann die Problematik verdrängen und sich auf das Vergnügen beschränken, Weltkultur- und Naturerbe zu bestaunen, seine Devisen abzuliefern, damit ein paar Jobs zu sichern und dann innerhalb der Visumsfrist wieder auszureisen, alternativ bleibt doch nur daheim zu bleiben und Land und Leute in Dokus zu schauen....
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ville
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von ville »

pichichi hat geschrieben:Ich möchte auch darauf antworten, weil sich bei meiner jüngsten Reise ganz ähnliche Fragen stellten:

es gibt eine Vielzahl von Staaten quer über alle Kontinente, die Menschenrechte, die Presse- und Meinungsfreiheit, ja generell unser Verständnis von Demokratie mit Füßen treten, das gelingt vor allem deswegen, weil Bildung und freier Informationszugang nicht stattfinden, Wahlen manipuliert werden und das Militär putscht, wenn die Unzufriedenheit der Massen auch nur im Ansatz die herrschende Kaste bedroht.

Quid nunc?

Man kann die Problematik verdrängen und sich auf das Vergnügen beschränken, Weltkultur- und Naturerbe zu bestaunen, seine Devisen abzuliefern, damit ein paar Jobs zu sichern und dann innerhalb der Visumsfrist wieder auszureisen, alternativ bleibt doch nur daheim zu bleiben und Land und Leute in Dokus zu schauen....

Letzteres ist unserer Meinung nach nicht der richtige Weg. Bei einem längeren Aufenthalt 2007 haben wir genau dieses Thema mit einem äußerst symphatischen jüngeren Burmesen diskutiert, der in Yangon ein Reisebüro betreibt.
Er hat uns, ohne auch nur einen Cent verdienen zu können, in langen Gesprächen sehr glaubhaft versichert, dass viele Menschen im Land - und zwar nicht nur solche in seiner Branche - nach der langen Isolation unbedingt Tourismus wollen.
Da klang nicht einmal versteckt Geschäftsinteresse durch, obwohl natürlich seine Existenz davon abhängt. (Auf der letzten Reise wollten wir ihn wieder treffen, aber er war leider nicht in der Stadt.)

Als wir Anfang der 90er durch das für Individualtouristen noch nicht lange geöffnete Vietnam gereist sind, hatten wir eine hinsichtlich der Fragestellung ähnliche Situation . Eigentlich hatten wir dort erwartet, auf Menschen zu treffen, die nach den leidvollen Erfahrungen der langen Kriegsjahre auf Touristen aus unseren Breiten pfeifen, zumindest aber auf die Amis. Mitnichten !!
Die Altkommunisten dort mussten damals (wie auch die burmesische Junta etwas später) einsehen, dass auch sie an etwas Glasnost und Perestroika nicht vorbeikommen. Fremde im Land sind m.E. jedenfalls für einen Entwicklungsprozess kaum hinderlich, allenfalls für die Administration.
Welche Wirkung Fremde letzten Endes in solchen Ländern hinterlassen, ist natürlich eine andere Geschichte.

LG ville
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von ville »

Auf die Gefahr hin, dass ich euch mit meiner Bilderflut erschlage, will ich mal den Reiseabschnitt Myanmar noch zu Ende erzählen.
Dabei hoffe ich, dass die Hardware, auf der das Ganze gespeichert wird, nicht platzt. :lol:

__________________________________
Letzter Teil der Bilder aus Myanmar

Wieder zurück in diesem faszinierenden und überaus exotischen Flecken Mrauk U , wollten wir uns noch ein wenig umsehen, bevor wir wieder in die Hauptstadt Yangon zurück fliegen mussten.

An jeder Ecke des Städtchens könnte man verweilen und die jeweilige Situation auf sich einwirken lassen. Auch wenn es unter der Oberfläche zwischen den Bevölkerungsgruppen gärt wie zu Beginn erläutert - uns Besuchern offenbarte sich das Land einmal mehr wunderbar relaxt, und praktisch nie haben wir ein Gefühl von Ablehnung, Sozialneid, Misstrauen erfahren, geschweige denn eine Bedrohung.

Am vorletzten Tag drehen wir wieder eine Runde mit dem Fahrrad. Was hier wie ein Dorf aussieht, gehört zu Mrauk U wie z.B. Lübars zu Berlin.

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Vormittags sieht man oft Mönche bei ihrem täglichen Gang, von der Bevölkerung Reis einzusammeln.
Buddhistische Mönche dürfen i.d.R. keine besonderen Besitztümer haben. ( jedoch u.a. eine Almosenschale), "und so sind sie unter anderem zur Ernährung auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen." (...)

Man darf sie "weder durch Geräusche, noch durch Rufen oder Singen auf sich aufmerksam machen. Sie gehen ruhig und konzentriert und akzeptieren alles, was die Menschen in die Almosenschalen füllen. Zum Ritual des Sammelns und Gebens von Almosen gehört auch, dass die Mönche für die Gaben nicht danken, sondern umgekehrt die Gebenden dankbar sind, auf diese Weise ein gutes Werk tun zu können und somit Verdienste im Sinne des Karma zu sammeln."
http://de.wikipedia.org/wiki/Bhikkhu
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Dieses Ehepaar müht sich mit frisch geschlagenem Holz. Vielleicht für die künstlerische Heimarbeit gedacht....

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Hätten diese Beiden solche T-Shirts 2 Jahre vorher getragen, hatten sie noch mit viel Ärger rechnen müssen, denn da waren Aung San Suu Kyi und ihr Vater noch ein rotes Tuch für die Obrigkeit.
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Zufällig kommen wir am Wasser-Pumpwerk von Mrauk U vorbei, schon von Weitem zu hören.
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Am letzten Abend gibt es erneut einen traumhaften Sonnenuntergang.
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Bevor wir später auf ein Boot gehen, will ich noch schnell in den Markt radeln, um ein paar Schnappschüsse zu tätigen. Diese noch nicht ganz muntere Gesellschaft hat womöglich das gleiche Ziel.
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Unterwegs komme ich an einer Gruppe mosl. Rohingyas vorbei. Sie bibbern in der Kühle und freuen sich über meine Zuwendung, denn von der burmesischen Bevölkerung werden sie eher geschnitten.
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Suppe zum Frühstück wärmt und ist nicht nur hier, sondern in ganz S-O-Asien ein Standard-Gericht.
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Gegen Mittag besteigen wir ein Boot, gechartert von einem sehr netten, begüterten Münchner Ehepaar. Wir fühlen uns fast wie in der business class ...
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Über diese Passage sind wir glücklich, denn es fährt nicht an jedem Wochentag ein "Governement Boat" nach Sittwe, und am nächsten Morgen haben wir einen Flug nach Yangon !


Zurück in der Hauptstadt gehen wir ein wenig auf Shopping-Tour, aber auch durch die Altstadt.
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Dicht bei unserem Hotel liegt dieser Wohnblock, an dem deutlich wird, dass es hier ein Sicherheitsbedürfnis gibt !
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Dass man hier auch anders wohnen kann, wird an diesem Palast deutlich. Fast schon ein Hochsicherheitstrakt, oder?
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Ohne Worte:
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Dieser Imbiss wäre nicht unserer. Nach unserem Verständnis handelt es sich teilweise um Resteverwertung, vielleicht nicht die gesündeste Art satt zu werden, aber nahrhaft ist das Sortiment allemal.
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Hier gibt es dann den Nachtisch: leckere kleine schumig-süße "Halbkugeln".
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An der Shwedagon Pagode kommt keiner vorbei. Wir verbringen dort den letzten Abend zwischen hunderten von Pilgern, die zum Teil von weit her angereist sind, um an diesem heiligen Ort zu sein, zu beten, zu opfern, zu meditieren.
Der mit Tonnen von Gold bepflasterte Koloss ist knapp 100 m hoch, an der Spitze mit Edel- und Halbedelsteinen gespickt und von einer prunkvollen Peripherie umgeben. Es gibt entlang des breiten Rundgangs zahlreiche Tempel, Gebets- und Andachtshallen, Nischen, Stupas sowie Buddha-Statuen.

Die früher fast mystische Atmosphäre hat sich durch den Einsatz von Elektronik in Verbindung mit Lichterketten etwas verändert, aber dies irritiert allenfalls uns Touristen ein wenig. Auch bei unserem vielleicht 5. Besuch des Komplexes sind wir völlig fasziniert. Hier kann man Stunden lang verweilen....

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Eine der vielen Gruppen von Gläubigen, die nach einem langen Tag müde und glücklich zugleich ausharren und vielleicht noch eine Busfahrt vor sich haben. Welch eine liebenswerte Gesellschaft !

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Die 2 Wochen im Land kamen uns aufgrund der Intensität viel länger vor, und dabei hatten wir erst die Hälfte der Reise hinter uns. Es ging zurück nach Kuala Lumpur und von dort zum Kontrastprogramm nach Sabah: Orang Utans und Proboscis (Nasenaffen) sehen und mehr. Aber das ist eine andere Geschichte......

ENDE (meines eigentlich viel zu lang gewordenen Berichts)
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von sol »

@ ville

sowas herrliches in Bild und Wort
kann gar nicht lang genug sein--jedenfalls für mich
UND--DANKE und noch einen schönen Restsonntag----
Gruss Wolfgang
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von ville »

Danke, Wolfgang, das freut mich sehr!

Wenn ich an solchen Erinnerungen arbeite, bin ich fast wieder dort. Nachbearbeitung ist für mich so bedeutsam wie die Vorarbeit für meine bessere Hälfte... Auch euch in Berlin einen schönen Sonntag !

LG ville (Fritz)
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von pichichi »

niemals nicht war dein Bericht zu lang, die Einblicke in das Leben der Einheimischen sind großartig und allein die Shwe Dagon ist den Trip wert
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Citronella
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von Citronella »

Ich bin wie immer begeistert von deinem Reisebericht und danke herzlich für deine Arbeit. Hoffentlich war das nicht der letzte [-o< , die Affen würden mich auch interessieren .... :>

Saludos
Citronella
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Re: Myanmar - Eindrücke aus dem Nordwesten

Beitrag von nixwielos »

Geniale Einblicke und viel kurzweilig Lehrreiches verdanken wir dir ville, recht herzlichen Dank dafür und jammerschade, dass es schon zu Ende ist mit diesem spannenden Bericht. Wir spechten auf die nächsten Reiseerlebnisse aus Deiner Feder, die mir bewusst macht, wie wenig erläuternd im Gegensatz dazu unsere/meine Bildberichte hier und auf unserer homepage sind :oops:

Da ich selbst so gerne lese, gelobe ich Besserung, sobald der Faktor Zeit es gestattet >:d<
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
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