Auf der einen Seite stellst Du Fragen um Dir eine Meinung zu bilden:
Und dabei hast Du doch schon eine festgelegte Meinung:
Ich gehe trotzdem mal auf einige Deiner Punkte ein:
- Wo kommt ausreichend Ökostrom her, um Millionen von E-Autos zu laden? Welche konkreten Erzeugungs-Projekte werden bis 2030 umgesetzt sein?
Henne-Ei Prinzip: mit steigender Nachfrage werden weitere Quellen kommen (z.B. in Spanien ist noch viel Luft nach oben bei der PV). Diese sind dann auch lokal (z.B. PV in Spanien) möglich und machen uns dadurch unabhängiger von Erdölproduzierenden Ländern (einer meiner wichtigsten Beweggründe für das E-Auto, ich sehe die meisten Öl-Staaten mit kritischen Augen).
- Wie sieht die Bilanz eines E-Autos aus, das zwar Ökostrom lädt, der dann aber wegen eines zu geringen Angebotes an anderer Stelle fehlen wird?
s. Oben: mehr Ökostrom ist wünschenswert. Wo dieser verbraucht wird ist dabei nicht so wichtig. Vorteil beim E-Auto ist das durch Lademanagement der Verbrauch auf die Erzeugung besser abgestimmt werden kann. Z.B. Tagsüber PV-Strom beim Arbeitgeber laden. Das sollte hoffentlich in Zukunft möglich sein.
- Wie ist die Verteilung und der Transport des Ökostroms von Erzeuger zum jeweiligen E-Auto geregelt? Welche Projekte für neue Stromtrassen und Verstärkung der bisherigen Netz-Infrastruktur gibt es, und was wird bis 2030 konkret davon umgesetzt sein?
Das Stromnetz funktioniert. Die zu erwartende Steigerung um ca. 2-4% pro Jahr wird von den Netzbetreibern als unkritisch erachtet und mit dem vorhandenden und geplanten Netzumbau berücksichtigt. Sollten z.B. in D alle Autos mal mit Strom fahren so wird dabei mit ca. 20% höherem Bedarf gerechnet. Das kann das Netz selbst zum heutigen Zeitpunkt schon leisten.
- Wie lädt jemand sein Auto, der in einem Stadtviertel wohnt, in dem es zB Hochhäuser ohne Garagen gibt, und wo die Autos dicht an dicht auf der Straße stehen? Wann wird es für diese Autos viele Millionen Ladepunkte an der Stelle geben, an der sie nachts stehen? Welche Projekte sind diesbezüglich konkret auf den Weg gebracht?
Für diese Betrachtung habe ich keine Antwort bzw. gehe ich davon aus das es eine ganz andere Lösung geben wird (s. unten). Da ist aber noch eine ganze Weile hin bis Millionen Ladepunkte an den Straßen benötigt werden, oder? Zumindest dürfte das Anbringen von Steckdosen leichter von statten gehen als Tankstellen zu bauen...
- Wann wird es einen einheitlichen Lade-Standard geben, der von allen Herstellern unterstützt wird? Ich muss mit meinem Berlingo ja auch nicht zu einer speziellen PSA-Tankstelle und meine Frau mit ihrem Seat zu einer VW-Tankstelle. Trotzdem werden die unterschiedlichen Standards beim E-Auto offenbar weitgehend akzeptiert. Warum? Könnte aber auch überholte Info sein, ich lasse mich gerne aufklären.
Ist tatsächlich schon überholt. Standard ist die normale Steckdose für das langsame Laden und für die Schnellladung das CCS System.
- Woher kommt der Rohstoff für die Batterien, wie wird er aktuell gewonnen, und sind die Vorkommen ausreichend, um jährlich Millionen Autobatterien an den Start zu schicken? Welche konkreten Verbesserungen wird es 2030 diesbezüglich geben?
Die Entwicklung in der Akku-Zellen-Fertigung läuft auf Hochtouren. Die aktuell kritischen Stoffe z.B. Kobalt werden kontinuierlich reduziert.
Die bekannten Vorkommen sind ausreichend für Milliarden an Akkus. Zudem wird mit steigender Verbreitung das Recycling Schwung aufnehmen.
Langfristig ist es ein Kreislauf-System. Mit fossilen Brennstoffen geht das gar nicht. Da sind die Vorkommen irgendwann erschöpft.
- Wie ist derzeit die CO2-Bilanz eines neuen E-Autos im Vergleich zu einem vergleichbaren Auto mit Verbrennungsmotor, und wie viele 10'000km Fahrt mit Ökostrom wären nötig, um gleichzuziehen?
Bei gleicher Fahrzeugklasse ist das E-Auto in der Bilanz mit Ökostrom nach ca. 40-80Tkm besser als ein Verbrennerfahrzeug
- Wie hoch ist die durchschnittliche Subvention eines E-Autos bei Neukauf, die von uns allen für diejenigen geleistet wird, die sich ein E-Auto (beinahe) leisten können, und wie sieht der Preis unsubventioniert im Vergleich zu einem "herkömmlichen" Auto aus? Für wieviel Prozent der Bevölkerung liegt der unsubventionierte Preis eines E-Autos oberhalb ihres Netto-Jahreseinkommens?
In Spanien ist die tatsächlich Förderung / Subvention auf eine etwas verringerte Steuer beschränkt und ist daher kaum nennenswert. Aktuell gibt es ab 30T€ sehr leistungsfähige und interessante Fahrzeuge (z.B. KIA e-Niro). Der höhere Anschaffungspreis wird durch niedrige Unterhalts- und Betriebskosten relativiert. Für viele Anwendungen ist ein E-Auto über die komplette Lebensdauer heute schon günstiger als ein Verbrennerfahrzeug. Z.B. habe ich mit meinem e-Niro auf 100km nur 1,85€ "Treibstoff"kosten.
- Und für den Bezug zum Forum: Wie komme ich zum Beispiel von Norddeutschland nach Spanien, ohne alle 500km eine Ladepause einzulegen?
Ich sehe es anders: alle 300km sollte aus Sicherheits- und gesundheitsgründen eine ausreichende Pause eingelegt werden. Die Fahrt dauert dadurch länger (ca. 10-20%) aber ich komme erholter und ausgeruhter am Ziel an. Zur Info da ich das häufig gefragt werde: das Nachladen der 300km dauert bei mir ca. 30 Minuten. Aktuellere Fahrzeuge schaffen das inzwischen schon in 15 Minuten.
Ich halte das E-Auto für das zukünftige Fortbewegungsmittel. Eine Umstellung wird es dennoch geben wenn das autonome Fahren flächendeckend kommt. Dann werden Bus und Bahn als Personentransport nahezu wegfallen. Ebenso wird sich dann das Parkplatzthema (s. oben) gleich mit erledigen. Aber das ist ein anderes Thema und sollt getrennt betrachtet werden.
Viele Grüße
Thomas