Lieber ville,
du sprichst mir aus dem Herzen.
Bei uns war es ähnlich wie bei dir: mit 18 hatten wir das erste Auto und damit sind wir bis zur Südspitze Spaniens gefahren, danach folgten hauptsächlich Fernreisen in Eigenregie, auch mit unseren Kindern.
Wir haben unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse von dieser ersten Reise mit nach Hause nehmen können. Es gab noch keine Küstenautobahnen, aber Spanien galt damals schon als Land des Massentourismus par excellence. 1973 stand im Spiegel:
"Nach Spanien fahren dieses Jahr so viele Touristen, wie das Land Einwohner hat -- 34 Millionen, die größte Völkerwanderung alter Zeiten." Spanien schloss 2018 mit 81,2 Millionen internationalen Touristen (-0,8% gegenüber 2017)!!!
Was der Massentourismus angerichtet hat, zeigt sich an Spaniens Mittelmeerküste besonders deutlich, aber auch in den spanischen Großstädten und auf den Inseln.
Viele weltbekannte Städte sind im Laufe der letzten Jahre zu Kulissen des Massentourismus verkommen und deren Einwohner müssen sich fühlen wie Darsteller in einer Peep-Show, nur ein paar Beispiele:
In
Barcelona (30 Millionen Touristen pro Jahr) und auf
Mallorca kam es im letzten Jahr zu großen Protesten gegen Touristen,
Venedig (UNESCO-Weltkulturerbe) verzeichnete 10 Millionen Touristen und 14 Millionen Tagesgäste),
Budapest, Prag und Amsterdam sind wie der
Ballermann auf Mallorca zu Zielen des Sauftourismus verkommen, in Dubrovnik kommen auf jeden Einheimischen 1380 Touristen (!!!), die Einwohner von
Cinque Terre an der Riviera-Küste wehren sich gegen respektlose Touristen,
Die griechische Insel
Santorini mit17.430 Einwohnern (2011) verzeichnete im letzten Jahr 5,5 Millionen Übernachtungen und auch Teile Island werden geradezu von Touristen überschwemmt.
Aber auch Traumziele wie die Pazifikinsel
Palau und die
Hanauma Bay auf Hawaii, sowie das indonesische
Bali blieben nicht verschont und leiden unter Umweltverschmutzung (Vermüllung) und Verkehrschaos. Aus diesem Grund wurde der Strand der thailändischen Insel
Phi Phi 2018 vier Monate lang komplett gesperrt, damit sich die Landschaft halbwegs erholen konnte,
das Wasser der
Insel Boracay, bezeichnet der philippinische Präsident Rodrigo Duterte als „Jauchegrube", das Eiland wurde im letzten Jahr vorübergehend geschlossen.
Das
Great Barrier Reef in Australien wird sich wohl kaum wieder erholen, aber man bemüht sich...
Die
Galapagos-Inseln stehen seit 2007 auf der UNESCO-Liste des bedrohten Welterbes, denn die Zahl der Tage, die Kreuzfahrtschiffe vor den Inseln verbringen, ist in den vergangenen Jahrzehnten um 150 Prozent gestiegen und bringen das ökologische Gleichgewicht in Gefahr.
Auch die Insel
Cozumel leidet unter dem Kreuzfahrttourismus und verlor ihre Ursprünglichkeit.
Selbst auf der großen Insel
Kuba kam es im letzten Jahr zu einem Mangel an Lebensmitteln für Einheimische durch den Bedarf an Lebensmitteln in Hotels, so dass sich Stadtbewohner viele Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten konnten, weil sie zu teuer geworden sind.
Einzigartige historische Sehenswürdigkeiten wie
Machu Picchu in den Anden, wo Besucher TÄGLICH ca. 14 Tonnen Müll hinterlassen,
aber auch
Teotihuacan und die alte
Maya-Stadt Tulum in Mexiko leiden unter dem Massentourismus und sind umgeben von Einkaufszentren, Hotels und Vergnügungsparks.
Das milchigweiße
Taj Mahal färbt sich aufgrund des Besucheransturms gelb, und
Jauch Jaisalmer, ebenfalls in Indien, leidet unter den vielen Touristen.
Die
Chinesische Mauer, die selbst aus dem Weltall erkennbar ist, ist in großen Abschnitten verwüstet und mit Graffiti bedeckt.
Die Steine der
Pyramiden in Ägypten, der
Akropolis in Athen, die von
Angkor Wat in Kambodscha,
Stonehenge in England und dem
Kolosseum in Rom werden von den Besuchermassen beschädigt.
Der
Mount Everest ist von Unrat übersäht und Australiens gewaltiger Sandsteinmonolith
Ayers Rock, der den Ureinwohnern heilig ist, wird im kommenden Oktober für immer gesperrt, selbst die einsame
Antarktis leidet unter den touristischen Einflüssen!
Der
Massai-Mara- und der
Serengeti-Nationalpark in Kenia sind durch Touristen und Straßenbauprogramme gefährdet, die Wildtiere des
Ngorongoro-Krater in Tansania verkommen vor den Touristenmassen zu Zooinsassen.
Quellennachweis:
https://utopia.de/orte-tourismus-zerstoert-28777/
https://www.buzzfeed.com/de/annamendoza ... toert-orte
https://fritzguide.com/reiseziele-die-d ... toert-hat/
Sieben Milliarden Urlaubsreisende wurden 2017 weltweit gezählt. Eine ständig steigende Mittelschicht kann sich immer größere und häufigere Urlaube erlauben.
Fazit: Alles, was zu viel ist, tut nicht gut. Der Massentourismus (Overtourism) von heute ist nicht mit dem vor ein paar Jahren zu vergleichen. Doch wer ein anderes Reisen kennengelernt hat, wird heute auf andere Destinationen ausweichen und dort seine Nischen finden.