5. Folge
ERINNERUNGEN AN FRÜHER
Hallo Lars,
gerne komme ich Deinem Wunsch nach und erzähle Dir etwas über meine „Vorgängerinnen“, soweit mein Herrchen mir davon erzählte.
Zuerst war „Bella“ da, eine ältere Boxerdame. Als ihr damaliges Herrchen starb lebte sie noch zwei Jahre bei meinem, ehe sie auch über die Regenbogenbrücke ging.
Dann kam „Gina“, eine Boxerhündin aus einem Tierheim in Bonn. Sie wurde 12 Jahre alt. Mit Gina haben alle viel erlebt, vor allen Dingen viel Freude. Wenn ich das so höre, muss ich mich noch sehr anstrengen.
Mein Herren sagt: „Du solltest mal Deine Mutter fragen. Sie ist praktisch mit Gina groß geworden. Gina wurde sogar von Deiner Mutter im Puppenwagen gefahren.“
Sie muss auch wohl sehr ballverliebt gewesen sein. Dein Onkel hat ja als Junge sehr viel Fußball gespielt. Er hat mit Gina offensichtlich jede Woche eine richtige Partie gespielt – mit Tor, Geschrei und allem drum und dran.
Nach Gina kam „Sissi“. Sie war gerade erste in Jahr alt und sollte – da sie angebliche auf dem Übungsplatz nicht gehorchte - eingeschläfert werden. Der Tierarzt hat dem Gott sei Dank nicht getan. Weil mein Herrchen diesen Arzt gut kannte, ist der mit Sissi zu ihm gefahren und hat sie ihm vorgestellt. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, denn Sissi ist sofort bei ihm geblieben. Sie wurde nur acht Jahre alt und starb dann an Krebs.
Nun bin ich bei „Oma und Opa“ in Moraira. Echte spanische Señores, direkt am Mittelmeer geboren und aufgewachsen. Von daher stammt sicher auch meine besondere vorliebe fürs Wasser. Du möchtest auch etwas über den Charakter eines Boxers erfahren? In der Brust eines Boxers wohnen immer zwei Seelen und zwar zwei sehr starke. Die eine macht ihn zu einem Wesen, welches man als Gutmütigkeit und Freundlichkeit in Person bezeichnen könnte. Seine überaus große Anhänglichkeit an seine Familie ist ebenso sprichwörtlich, wie stets aufs Neue rührend. Hinzu kommt als besonderer Vorzug unter allen Hunderassen eine ausgeprägte Kinderliebe.
Beides verbindet er mit der Fähigkeit, sich schnell in seinen neuen Wirkungskreis anzupassen.
Unlängst erzählte mir mein Herrchen eine reizvolle Geschichte.
Vor einem Geschäft in Moraira ließ eine Mutter ihr Kleinkind im Kinderwagen unter Bewachung ihres Boxers einige Momente stehen. Bald darauf näherte sich ein großer, eleganter Mann, der das Kind freundlich streicheln wollte.
Der hatte freilich die Rechnung ohne den „Wächter“ gemacht. Der schoss nämlich unter dem Kinderwagen hervor und fiel den Fremden so heftig an, dass erst die herbeieilende Mutter den Fremden aus der Situation befreien konnte. Und eben dieser Herr, in seinem nun etwas lädierten Anzug, war ein bekannter Torero, der nicht nur auf den Schadensersatz verzichtete, sondern auch schwor, sich einen ebenso treuen Boxer für sein eigenes Kind zuzulegen. Dieser Wächter war übrigens „Teus“, mein Vater. Seitdem trage ich die Nase noch etwas höher.
Du siehst, lieber Lars, hier offenbart sich auch die zweite Seele des Boxers- seine betonte Ritterlichkeit, jeden Angriff gegen seine Familie bis zum letzten Atemzug abzuwehren. Allein seine bitterböse Mine – die freilich nur eine Tarnung seines goldenen Herzens ist – kann schon jedem Fremden als Warnung dienen, sich mit ihm im Ernstfall nicht anzulegen.
Die Abstammung des Boxers beweist, dass ihm die Wehrhaftigkeit im Blut liegt. Sein Werdegang ist fast so alt wie eure Menschheitsgeschichte. Die Fangemeinde ist international.
Freitags gehen wir immer in Moraira auf den Markt. Mein Herrchen wird dann oft angesprochen mit der Bitte, mich mal streicheln zu dürfen. Ich lasse das auch geduldig über mich ergeben. Ich stehe gerne im Mittelpunkt. Engländer wollten mich sogar kaufen. Mein Herrchen hat nur mit dem Kopf geschüttelt und ist schnell mit mir weitergegangen. Gott sei Dank!
Auf deine Frage, warum wir eigentlich Boxer heißen, kann ich nur sagen, dass man sich schon seit vielen Jahren den Kopf darüber zerbricht. Es wurden vergebliche Versuche gestartet, den englischen Namen dieser „urdeutschen“ Rasse einzudeutschen, aber der Name blieb – weil er passt. Dem Himmel sei Dank ist ja seit einiger Zeit das Kopieren der Ohren bei Boxern verboten. Wir sehen doch mit Schlappohren viel schöner und interessanter aus!
Bis bald
Tessa
ICH HAB DA EIN PROBLEM
Hallo Andi,
im Moment bringe ich mein Herrchen schier zur Verzweiflung. Ich darf im Garten keine Löcher buddeln, Blumen abbeißen, nachts nicht ins Bett, nur alleine in dem doofen Körbchen liegen. Ich möchte am Liebsten Tag und Nacht nur spielen. Aber alles dies darf ich nicht.
Dann ärgere ich ihn eben. Nachts wecke ich ihn, zupfe an den Haaren oder beiße ihn in die dicke Zehe, denn seine Füße sind meist nicht zugedeckt. Am meisten ärgert es ihn, wenn Besuch kommt und ich nicht belle. Warum eigentlich?
Jetzt war jemand hier, der meinem Herrchen geraten hat, es mir doch mal vorzumachen. Du kannst Dir das nicht vorstellen, wie blöde das aussieht. Er kniet sich auf den Boden, sieht mich an und gibt Laute von sich. Das hat mit bellen nun nichts zu tun, es ist einfach zum Davonlaufen.
Wenn er das einige Male gemacht hat, ist er fix und fertig und legt sich aufs Sofa (naja, du musst dir nur die Figur einmal ansehen, dann weißt du sofort Bescheid). Aber ich will nicht so eine Kläfferin werden wie Puppi. Mit mir spielen will sie auch nicht, dafür ist sie zu vornehm. Die bellt schon, wenn in der Küche die Eieruhr klingelt.
Ich kann doch nicht den ganzen Tag an der Tür liegen und aufpassen bzw. bellen, wenn jemand kommt. Das ist sehr langweilig. Meistens schlafe ich darüber dann ein, besonders mittags, weil ich dann meinen Napf gerade geleert habe. Außerdem kenne ich die Menschen doch alle die kommen. Die streicheln mich auch, wenn ich nicht gebellt habe. Gestern kam ein Freund von meinem Herrchen, Freddi mit seiner Puppi, von der ich ja eben schon erzählte. Sie ist eine etwas arrogante, langhaarige Hündin, die mit mir nicht spielen wollte
Freddi erzählte einen Witz über Boxer:
„Zu Hause klingelt es an der Haustür. Der Besucher fragt den Hausherrn: Warum läuft dein Hund beim Klingeln immer in die Ecke? Antwortet das Herrchen: Er ist eben ein Boxer!“
Ich habe den Freddi und seine Puppi gleich mit Verachtung gestraft. Meinem Herrchen habe ich dann empfohlen, ihm kein Bier mehr zu geben.
Zum Glück sind ja jetzt Britta und Frederik da. Sie spielen sehr viel mit mir.
Fortsetzung folgt
LG Calpinoalberto