Hrvatska

Antworten
pichichi
especialista
especialista
Beiträge: 2696
Registriert: So 10. Jun 2012, 10:45
Wohnort: Wien

Hrvatska

Beitrag von pichichi »

Josefines Bilder aus Dubrovnik haben mich an unsere längste Anreise an die CB erinnert....

Auf Umwegen ins Exil

Wir sind auf unserem alljährlichen Weg ins spanische Winterexil an der Costa Blanca, die gewählte Strecke von Wien über Graz, Maribor, Zagreb, Dubrovnik, Bari, Sizilien, Latium und Barcelona mag zwar absurd erscheinen - der gelernte Wiener heißt sowas "mit der Kirche ums Kreuz fahren" - doch als im Unruhestand Befindliche mit viel Zeit wählen wir gern abwechslungsreiche Routen, die landschaftliche Schönheit mit Kultur verbinden. Als wir Wien verlassen hatten, begann schon hinter dem Semmering beim wilden Bergvolk der Steirer das Heimweh, denn die folgenden sieben Monate in der Ferne bringen auch den Verzicht auf viele liebgewonnene Gewohnheiten, wozu unzweifelhaft die feine heimische Kulinarik gehört. Aus diesem Grund machten wir einen kleinen Abstecher auf einen Bergsattel namens Pogusch, wo die mit ihrem Wiener Spitzenrestaurent "Steirereck" bekannt gewordene Familie Reitbauer einen Gasthof der besonderen Art betreibt. Wie üblich an Sonntagen ist der Parkplatz brechend voll und die Helis der Schickimicki-Szene fehlen ebenfalls nicht, noch dazu hat die Patronne unsere Reservierung verschlampt, sodass wir mit einem Katzentisch im Barbereich vorlieb nehmen müssen. Dort fehlt das übliche Gedeck mit dem sagenhaften würzigen Hausspeck, sodass wir nach dem Essen noch zwei luftdicht versiegelte Stücke davon erstehen, die uns trotz des hervorragenden spanischen Schinkens im Exil ein saftiges Stück Heimat vermitteln werden...

Über Bruck an der Mur und Graz fahren wir hinter Spielfeld durch die ehemalige Südsteiermark, die jetzt Stajerska heißt, es ist gar nicht so einfach, die mautpflichtige Slowenienautobahn zu vermeiden, wir schaffen es aber mit dem lohnenswerten Umweg an einem wenig verkehrsreichen Sonntagmorgen durch die wunderschöne Altstadt von Maribor, passieren dann Celje (Cilli) und erreichen nach einer halben Stunde durchs Gebirge die kroatische Grenze, wo wir die Autobahn bis Agram nehmen.

Metropole Zagreb

Die kroatische Hauptstadt heißt heute Zagreb, die Zeiten, als die Agramer noch der ungarischen Reichshälfte der k&k Monarchie zugezählt wurden, liegen schon ein gutes Zentennium zurück, sogar die quasikommunistische Ära nach Weltkrieg II unter Josip Broz alias Tito erscheint fern, aber es ist noch nicht drei Dezennien her, dass der Vielvölkerstaat Jugoslawien zerfiel und das Land zwischen Save und Adria nach menschenverachtenden Scharmützeln in die Unabhängigkeit entließ.

Heute finden wir eine junge Stadt mit patriotischen Bewohnern vor, die rot-weiß karierte Flagge wird allgegenwärtig präsentiert, man ist stolz auf die Aufnahme in die Europäische Union genauso wie auf die sportlichen internationalen Erfolge der Fuß-, Hand- und Basketballer, Tennisspieler und Schirennläufer. Wir steigen im zentrumsnahen Best Western Astoria ab und unternehmen sogleich einen Spaziergang Richtung Altstadt, da wir den bunten Markt am Dolac Trg (Platz) nicht versäumen wollen.
Ein Blick in den nahen Dom, wo gerade vor vollen Bänken mit Gläubigen die Sonntagmittagsmesse zelebriert wird und schon sind wir
auf holprigem Kopfsteinpflaster in malerischen Vierteln unterwegs, sehen die Parade der Wache vor dem kroatischen Regierungssitz am Banal Trg, machen einen Blick von der Oberstadt auf das Geschäftszentrum unter uns und fallen schließlich in der Skalinskagasse im "Nokturno" ein, dass trotz seines Namens auch am frühen Nachmittag ziemlich voll ist, die Küche ist italienisch angehaucht und daher schmecken uns die Hauspizza sowie die Penne mit Meeresfrüchten besonders gut, wir entdecken neben dem süffigen, heimischen Karlovacka pivo verzückt belgische Leffe-Biere auf der Karte, die unser Mahl perfekt abrunden.
Auf dem Heimweg kaufen wir für den Abend nur noch heimischen Sir (Käse), Brot, Prsut (Rohschinken) und eine Flasche des roten Plavac und lassen uns - vom Hatschen und Essen todmüde - von einem Taxi zum Hotel kutschieren, die kurze Fahrt über knapp 1300 Meter kostete 30 Kuna, etwa 4 Euro. Wir schlafen sehr gut in den modernen Betten des geräumigen, suiteähnlichen Zimmers, sind aber über das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen etwas vergrämt, die Qualität des Dargebotenen lässt viel offen, so sind zum Beispiel die "Säfte" reine Zuckerwässer, die nie eine Frucht gesehen haben, die Auswahl der Speisen ist dürftig und nichts mag so richtig schmecken, wenigstens stehen auf der Habenseite des Astoria die superbe Lage, die günstige Parkmöglichkeit im Hof und die großzügigen Zimmer....

Trogir

Wir brechen Richtung Adria auf, 350 km Autobahnfahrt (Maut 146 Kn) liegen vor uns, die Strecke ist ziemlich neu und schon ab der Stadtgrenze erfreulich wenig befahren, leider beginnt es hinter Karlovac ordentlich zu schütten und erst kurz vor Zadar wird es wieder trocken. In mittelalterlichen Städtchen Trogir angekommen finden wie unsere "Villa Tudor" mit ihren nur fünf Zimmern sofort und starten nach dem Einchecken eine erste Erkundungsrunde durch die wunderschöne, gut erhaltene Altstadt, die über eine stark befahrene Brücke gehend in nur zwei Minuten zu Fuß vom Hotelzu erreichen ist.

Im Dom bestaunen wir Altar und Kirchenschatzkammer, bevor wir kreuz und quer durch engste Gässchen wandern, die wohl zur Hochsaison permanent verstopft sein müssen. Meine Frau benötigt eine neue Batterie für ihre Lassale, ein patenter Uhrmacher erledigt das prompt zum Vorzugspreis von 30 Kuna, in Wien hatten wir fünf Jahre zuvor 9 Euro bezahlt, also mehr als das Doppelte. Unsere Patronne hat uns das für seinen hervorragenden Fisch bekannte Kamerlengo für das Abendessen empfohlen, wir studieren dort die überzeugende Karte und reservieren gleich einen Tisch für den Abend .
Danach besichtigen wir noch die Festung und wandeln an der Riva an feudalen Privatkähnen vorbei, die die Flaggen der Bermudas, Dänemarks und der Niederlande zieren. Nach der nachmittäglichen Siesta sind wir bereit für den offenen Holzkohlengrill des Kamerlengo, unser Tisch steht in einer Laube und gewährt freien Blick auf die Aktionen des Grillmeisters, der nach einer geteilten Nudelvorspeise für uns einen Branzino in Salzkruste und die besten Cevapcici ever zubereitet, dazu darf es ein hervorragender Chardonnay von Heimkehrer Grgic sein, desen Kreszenzen wir bisher nur aus dem kalifornischen Napa Valley kannten.

Vom Hotelfenster schauen wir nochmals auf die jetzt romantisch beleuchtete Altstadtmauer und den Hafen, bevor wir müde in die Federn sinken. Auch hier im Tudor haben wir hervorragende Betten, ein kleines, aber effizient gestyltes wie romantisch dekoriertes Bad, man sieht an der Deko und der Farbzusammenstellung von Fliesen, Handtüchern und Wänden, dass hier ein Innenarchitekt zu Werke gegangen sein muss.

Baska Voda

Auf dem Weg ins südliche Kroatien liegt Split, dessen Altstadt mit dem Diokletianpalast uns schon von vorherigen Besuchen bekannt ist, ein kräftiger Regenguss lässt uns diesmal auf eine erneute Besichtigung verzichten, dieser bleibt uns auch in Baska Voda an der Makarska Riviera nicht erspart, wo ich gerade einmal die Zehen ins 25° warme Adriawasser halte, zum Baden ist es durch den scharfen Wind einfach zu kalt. Unser Apartment bietet wenigstens einen Blick auf die stürmische See, in die der Fallwind aus dem steil aufragenden Biokovogebirge bizarre Muster bläst. Das kalte Nachtmahl ist karg, wenigstens der Dingac aus den Kornaten wärmt die Seele...

Ragusa

Die Weiterfahrt an der Makarska Riviera entlang ins heutige Dubrovnik bummeln wir gemütlich mit fünfzig Stundenkilometern an der D 8, der Adriamagistrale. Für diese wunderschöne Küstenstrecke sollte man sich viel Zeit nehmen, der Verkehr ist auch Ende September noch enorm, viele Ortsdurchfahrten und lange Überholverbotszonen drosseln das Tempo ebenfalls, dafür belohnt sie auch den Fahrer mit herrlichen Ausblicken auf die Adria und die unzähligen vorgelagerten Inseln.
Als wir Dubrovnik erreichen erblicken wir von der gigantisch hohen Franjo Tudjman Brücke über die Rijeka Dubrovacka Bucht zwei riesige Kreuzfahrtschiffe der Celebrity Cruises, wir passieren das sogenannte Trajekt, den Fährhafen auf dem Weg zu unserem Hotel Ariston, das neben dem Neptun und noch zwei weiteren Hotels zum Importanne Resort gehört. Endlich strahlt auch wieder die Sonne und wir liegen bald mit Pina Colada und Planter´s Punch am Felsstrand. Man muss über Stiegen ins Meer, das aber wie an der Makarska ebenfalls sehr angenehm temperiert ist. Abends speisen wir mit Meerblick auf einen aufregenden Sonnenuntergang im hoteleigenen Restaurant "Zoe", wo á la carte serviert wird, das danebenliegende Restaurant "Mediteraneo" mit seinem Buffetangebot für die Pensionsgäste sagte uns schon von der Optik her weniger zu.

Die Stadt war schon zu Zeiten der Römer von den Illyrern besiedelt, der herrliche Naturhafen wurde im 16. Jahrhundert von den Venezianern befestigt und man kann heute noch (gegen Gebühr) einen Rundgang auf den meterdicken Stadtmauern machen, dieses in Europa einmalige Festungssystem ist fast zwei Kilometer lang und umschließt die autofreie Altstadt komplett.
In den Balkankriegsjahren von 1990 - 1995 wurde das Weltkulturerbe Ragusas von den Bergketten oberhalb der Stadt durch serbische Granaten stark beschädigt, mehrere Häuser in Brand geschossen und ein Großteil der roten Dächer musste wegen unzähliger Einschläge renoviert werden, was während einer Seilbahnfahrt auf den Hausberg Srd sofort ins Auge fällt.

Ein Spaziergang innerhalb der Stadtmauern ist jedesmal aufs Neue ein sehr stimmungsvolles Erlebnis, besonders am Abend, wenn heimelige Leuchten die Altstadt erhellen. Die Hauptachse - genannt Stradun - ist die Flaniermeile sowohl für Einheimische wie auch für die zahlreichen Touristen, in den Seitenstraßen finden sich unzählige Restaurants mit regionaler und internationaler Küche. Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Fürsten-Palast, die Kirche des Hl. Blasius, die Kathedrale, mehrere Klöster, das Zollhaus, Rathaus und Rolandsäule. Seit dem Jahr 1317 befindet sich im Franziskanerkloster der Stadt die älteste Apotheke Europas.

Mit Jadrolinija über die südliche Adria

Diese kroatische Linie mit ihrer Autofähre, die in sieben Stunden die Stadt Dubrovnik mit dem italienischen Bari verbindet, kannten wir schon von einer Überfahrt vor fünf Jahren, als wir anschließend die Amalfitana und Capri besuchten, bevor wir uns in eine weitere Fähre von Civitavecchia nach Barcelona einschifften. Dieses Mal sollte eine Exkursion nach Sizilien folgen, das wir ganze drei Dezennien nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten. Angesichts exorbitanter italienischer Spritpreise (Eurosuper 95 kostete € 1,65) füllten wir noch den Tank, bevor wir am Trajekt unsere Online-Gutscheine für Fährtickets für zwei Personen und das Auto eintauschten, die verbliebenen Kuna investierten wir in einer nahen Vinothek in jeweils eine Flasche Postup und eine weitere vom Dingac, beide von der autochthonen Rotweinrebe Plavac. Für die geringen Überfahrtskosten von € 200 ersparten wir uns die vielen Kilometer Küstenstraße rund um die gesamte Adria.

Bild

Bild

Sonnenuntergang nach Abfahrt aus Dubrovnik

weitere Ziele

Während die etwas arm mit Sehenswürdigkeiten bestückte Region Slawonien im Nordosten des Landes noch ihrer Entdeckung durch den Tourismus harrt, sind die malerischen Fischerdörfer an der Adriaküste wohlbekannt. Natürlich zählen vor allem die der Halbinsel Istrien dazu, sie ist ja das im Wortsinn nächste Ziel für Reisen aus Mitteleuropa. Die Küstenstädte Rovinj, Umag, Pula, Opatija und Rijeka waren schon zu Monarchiezeiten beliebte Reiseziele, weil sie mit der Bahn aus Wien auch für ein kurzes Wochenende schnell zu erreichen waren. Im HInterland ist Motovun erwähnenswert, das für seine berühmten weißen Trüffel, die im Geschmack denen aus dem Piemont in nichts nachstehen, bekannt ist. In der Kvarnerbucht wieder liegen bekannte Reiseziele wie die Inseln Cres, Mali & Veli Losinj, Rab und Krk.
Die Kette der Kornaten, die dem Festland vorgelagert sind, stellen ein hochbegehrtes Ziel für Segelfreunde aus ganz Europa dar, denn die hier vorhandene Infrastruktur mit mondänen Yachtclubs, Marinas und vielen traumhaften wie menschenleeren Buchten im türkisblauen Adriawasser zieht unzählige Fans des motorlosen Gleitens auf dem Wasser an.

Im Landesinnern an der Grenze zu Bosnien finden wir den wohl bekanntesten Nationalpark Kroatiens, die Plitvicer Seen: seit 1979 ist der Park deklariertes Weltnaturerbe der UNESCO, es stürzen hier Wassermassen aus dem Karst in Kaskaden in die Tiefe. Seit den Karl May Verfilmungen aus den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts sind die sehenswerten Wasserfälle vielen Fans von Winnetou und Old Shatterhand bekannt......
Benutzeravatar
nixwielos
especialista
especialista
Beiträge: 4662
Registriert: Do 16. Aug 2012, 16:32
Wohnort: Stuttgart / Dénia
Kontaktdaten:

Re: Hrvatska

Beitrag von nixwielos »

Wie gewohnt, lieber Herbert, ein wunderbarer und kulinarisch heftig anregender Bericht, der nie enden sollte 8-) , wir hoffen auf die Fortsetzung, die wir wie schon die ersten Tage genießen werden...

Eine hervorragende Idee, so anzureisen! Zu unserer Schande gestehen wir, dass keine Eurer Stationen bisher von uns bereist wurde, umso mehr freuen wir uns über diese genussreiche Darbietung >:d<
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
Life is too short to drink bad wine
Benutzeravatar
Josefine
especialista
especialista
Beiträge: 3884
Registriert: Mi 13. Jun 2012, 16:15
Wohnort: Orihuela Costa

Re: Hrvatska

Beitrag von Josefine »

pichichi hat geschrieben:
Im Landesinnern an der Grenze zu Bosnien finden wir den wohl bekanntesten Nationalpark Kroatiens, die Plitvicer Seen: seit 1979 ist der Park deklariertes Weltnaturerbe der UNESCO, es stürzen hier Wassermassen aus dem Karst in Kaskaden in die Tiefe. Seit den Karl May Verfilmungen aus den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts sind die sehenswerten Wasserfälle vielen Fans von Winnetou und Old Shatterhand bekannt......
Diese Gegend steht auch noch auf meiner Reise-Wunschliste. Für dieses Jahr ist ja schon alles gebucht, aber vielleicht im nächsten... oder übernächsten... ;-)

Danke für Deinen informativen Bericht, pichichi. :)
Gruß Josefine :)
Benutzeravatar
Oliva B.
Administratorin u. Moderatorin
Administratorin u. Moderatorin
Beiträge: 21572
Registriert: Mi 6. Mai 2009, 08:17
Wohnort: Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muß ich fort...

Re: Hrvatska

Beitrag von Oliva B. »

Am Ende meiner Kindheit habe ich mit meinen Eltern traumhafte Ferien auf einer damals noch sehr ursprünglichen kroatischen Insel ("otok" Pag) verlebt. Kurz danach habe ich die Reise mit meinem Mann wiederholt (früh gefreit... ;-) ). Wir waren beide Karl-May-Fans und haben alle Drehorte in Kroatien besucht. Auch Dubrovnik kennen wir deshalb noch lange vor Beginn des Kroatien-Krieges. Das alles ist seeeeeehr lange her und wir waren nie wieder dort, aber in dieser Zeit wurde wohl bei uns der Traum für ein Leben im Süden Europas geweckt.... ;)

Euer Umweg ins spanische "Exil" weckte viele romantische Erinnerungen bei uns :x , dafür ein herzliches DANKE, Herbert!
Antworten

Zurück zu „Europa“